Das Personal soll ausgewechselt, die Rente mit 67 auf den Prüfstand gestellt werden. Die SPD will sich auf ihrem Parteitag neu ausrichten.

Hamburg. „Wir haben eine harte Strecke vor uns, es wird offen über alles gesprochen“, der scheidende SPD-Generalsekretär Hubertus Heil brachte die Lage der Sozialdemokraten kurz vor ihrem heute beginnenden Parteitag in Dresden auf den Punkt. Auf gerade einmal 21 Prozent kam die SPD in den jüngsten Umfragen im Auftrag des ARD-Morgenmagazins. Seit Monaten stecken die Sozialdemokraten im Umfragetief. Ein Debakel. Auf ihrem Parteitag wollen sie darum ihre programmatischen Neuausrichtung wagen und die komplette Führungsriege auswechseln. So forderten die designierte Generalsekretärin Andrea Nahles und Ex-Arbeitsminister Olaf Scholz eine Kurskorrekturen in der Agenda- und Rentenpolitik ihrer Partei.

Zunächst soll aber eine schonungslose Analyse des desaströsen Bundestagswahlergebnisses auf dem Programm stehen. Die SPD war bei der Bundestagswahl auf rund 23 Prozent der Stimmen abgestürzt. Es war ihr schlechtestes Ergebnis in der Geschichte der Bundesrepublik.

„Es kommt darauf an, dass die SPD jetzt zwei Dinge macht: Dass sie sich darüber unterhält, wie es zu dieser schweren Niederlage gekommen ist, aber gleichzeitig auch einen neuen Antritt schafft“, forderte der designierte SPD-Chef Sigmar Gabriel. In das gleiche Horn blies auch die künftige SPD-Generalsekretärin Andrea Nahles.: „Wir wollen uns sammeln und kritisch auswerten. Wir werden hier einen Generationswechsel haben. Wenn die SPD zu alter Stärke zurückfinden will, dann darf sie nicht so bleiben, wie sie ist“, sagte Nahles im ARD-„Morgenmagazin.

Zu Beginn des dreitägigen Parteitags wird sich der Vorsitzende Franz Müntefering mit einer Rede aus seinem Amt verabschieden. Im SPD-Vorstand soll er angekündigt haben, er werde seinen Abschied „im Ton moderat, aber eindeutig in der Sache“ gestalten. Ob die neue Spitze wie geplant noch heute oder erst am Samstag gewählt wird, ist noch unsicher. Feststeht aber, dass Andrea Nahles neue Generalsekretärin und Sigmar Gabriel Parteichef der SPD werden soll werden. Als stellvertretende Bundesvorsitzende kandidieren die Landesvorsitzenden von Nordrhein-Westfalen und Hamburg, Hannelore Kraft und Olaf Scholz, Mecklenburg-Vorpommerns Sozialministerin Manuela Schwesig sowie Berlins Regierender Bürgermeister Klaus Wowereit.

Bei dem Parteitag wird es aber nicht allein um den Personalwechsel gehen. Die SPD will sich auch programmatisch neu ausrichten. Es liegen rund 340 Anträge der Parteimitglieder vor. Dazu gehören auch Forderungen nach einem raschen Rückzug der Bundeswehr aus Afghanistan und einer Überprüfung der Rente mit 67. Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier hatte angekündigt sie auf den Prüfstand zu stellen, obwohl die SPD sie einst mit auf den Weg brachte. Nahles und der Hamburger SPD-Politiker Johannes Kahrs hatten allerdings vor Schnellschüssen bei der Rente mit 67 gewarnt, während viele SPD-Mitglieder fordern, sie komplett abzuschaffen. Der ehemalige Sozialminister Scholz sprach sich zudem für eine grundlegende Überprüfung der Arbeitsmarkt- und Rentenreformen seit 1998 aus. „Wir sollten die Sozialreformen der jüngeren Zeit nicht nur daraufhin abklopfen, ob sie technisch funktionieren, sondern ob sie aus der Perspektive jedes einzelnen Bürgers sinnvoll sind“, sagte Scholz der „Frankfurter Rundschau“.