Scheidepunkt im Kampf um die Macht in Berlin: Welche Hoffnungen und Ängste knüpfen die Bundesparteien an die Wahlen in Thüringen, Sachsen und im Saarland?

Berlin. Kein Wunder, dass Angela Merkel am Sonntag nicht selbst vor die Kameras tritt. Wie schon bei der Europawahl gibt es für ihre Partei fast nichts zu gewinnen, aber viel zu verlieren.

Wenn es für die CDU-Vorsitzende richtig schlecht läuft, könnten ihr mit Dieter Althaus in Thüringen und Peter Müller im Saarland sogar zwei Ministerpräsidenten abhanden kommen. Es steht Spitz auf Knopf - Ausgang offen. Sollte es aber zu jenem Supergau kommen, von dem im Adenauer-Haus kaum jemand ausgehen mag, dann wird die CDU alles daran setzen, daraus für ihre Wahlkampagne Kapital zu schlagen. Allein schon, um von den sinkenden Aussichten auf das Zustandekommen einer schwarz-gelben Koalition nach dem 27. September abzulenken, dürfte Generalsekretär Ronald Pofalla dem SPD-Kanzlerkandidaten Frank-Walter Steinmeier noch am Wahlabend eine Debatte um rot-rote Bündnisse im Bund anhängen.

Denn sowohl in Thüringen als auch im Saarland kann die SPD nach allen Umfragen nur mit Hilfe der Linken einen amtierenden CDU-Ministerpräsidenten erfolgreich rammen. Die Glaubwürdigkeit der gebetsmühlenartig wiederholten Losung, wonach eine Zusammenarbeit mit der Linken 2009 im Bund ausgeschlossen sei, ließe sich so weiter erschüttern. Rot-Rot wäre das neue, alte Feindbild. Niedersachsens Ministerpräsident Christian Wulff (CDU) sagt nicht ohne Grund mit Blick auf eine derartige Farbkonstellation im Saarland und Thüringen: "Das würde schwerste Irritationen auch im Ausland über die Linkstendenz in Deutschland mit sich bringen. Deswegen kommt es auch anders."

Aber das Team Steinmeier will Sonntag ab 18 Uhr unbedingt die Botschaft aussenden, dass Schwarz-Gelb keine Mehrheit und die SPD sehr wohl das Zeug zur Machtübernahme hat. Die Debatte um den Schlingerkurs im Umgang mit den SED-Erben ist man bereit, dafür in Kauf zu nehmen. Genauso wie den Umstand, dass es der Union dann leichter fallen könnte, alarmierte Anhänger an die Urnen zu bewegen, die bisher dachten, das Rennen sei schon gelaufen.

Leicht fallen wird es der SPD allerdings trotzdem nicht, den Wahlabend als generelle Trendwende zu verkaufen, selbst wenn ein CDU-Ministerpräsident fallen sollte. Denn allein für Rot-Grün dürfte es nirgendwo reichen. Und in Sachsen, das wahrscheinlich weiter vom CDU-Ministerpräsidenten Stanislaw Tillich regiert wird, könnte die SPD nach der FDP sogar nur viertstärkste Kraft werden. So ein Desaster würden auch erfreuliche Einzelergebnisse in den Metropolen Nordrhein-Westfalens, wo am Sonntag Kommunalwahlen sind, nicht wettmachen.

Gelassener können die Liberalen dem Urnengang entgegensehen. Die größte Gefahr besteht für die FDP darin, dass sie in allen Ländern unter den durchgängig guten Prognosen landet. Das würde die Zweifel daran nähren, ob die hohen Erwartungen für den 27. September nicht auch überzogen sind.

Noch entspannter darf man in der Grünen-Zentrale sein. Letzte Prognosen sehen die Öko-Partei nun auch in Thüringen sicher im Landtag. Im Saarland haben sie sogar Aussicht auf die Rolle als Königsmacher. Ein Bedeutungszuwachs ist damit fast schon garantiert, für den Wahlkampf in Berlin kann das nicht schaden.

Große Hoffnungen hegt die Linkspartei, die fast schon als abgemeldet galt. Zwar hat Oskar Lafontaine im Saarland keine Chancen, an Heiko Maas und der SPD vorbeizuziehen. Aber das erste Linksbündnis in einem alten Bundesland wäre dennoch ein Erfolg. Geradezu ergötzen dürften sich Gysi und Co. daran, wenn es ihnen in Thüringen wie erwartet gelingt, stärker als die SPD zu werden. Mindestens bis zum 27. September, so wird erwartet, dürfte die Linkspartei Anspruch darauf erheben, dass Spitzenmann Bodo Ramelow der Ministerpräsident eines möglichen rot-rot-grünen Bündnisses wird. Der SPD, die das nicht mitmachen will, hätte man es endlich mal so richtig gezeigt.