Nach einem halben Jahrhundert Regierungszeit in Bayern hat die CSU - bisher erfolgreichste demokratische Partei Europas - mit einem zweistelligen...

München. Nach einem halben Jahrhundert Regierungszeit in Bayern hat die CSU - bisher erfolgreichste demokratische Partei Europas - mit einem zweistelligen Absturz auf weit unter 50 Prozent die absolute Mehrheit im bayerischen Landtag verloren. Ein Ergebnis von gut über 40 Prozent, das viele andere Parteien als triumphalen Wahlsieg feiern würden, bedeutet für die CSU ein historisches Fiasko - das Ende eines Mythos. Es ist der christsoziale Super-GAU. Auf schwere Verluste waren die Christsozialen eingestellt - doch dass es so schlimm kommen würde, hatten Ministerpräsident Günther Beckstein und CSU-Chef Erwin Huber in ihren schlimmsten Albträumen nicht erwartet. Beckstein sagte einen Satz, der bis vor Kurzem in Bayern ganz undenkbar schien: "Ich stehe für eine Koalitionsregierung zur Verfügung." Das bedeutet aber auch, dass er zumindest vorerst im Amt bleiben will. Beckstein ist ein Mann mit zwei Gesichtern: Außerhalb Bayerns galt der 64 Jahre alte Nürnberger wegen seiner harten Linie in der Sicherheitspolitik über Jahre als "schwarzer Sheriff". In Bayern dagegen war Beckstein das warmherzige Gegenstück zum "aktenfressenden Technokraten" Edmund Stoiber - bescheiden, immer gesprächsbereit, häufig zu schrägen Scherzen aufgelegt, selbstironisch.

Doch seit seinem Einzug in die Staatskanzlei hat Beckstein Probleme. Im Vergleich zu smarten Berliner Bundespolitikern wirkt er provinziell. Als Erblast nahm er die Unzufriedenheit mit Stoibers Reformen mit ins Amt.

Huber war jahrelang der Mann in der zweiten Reihe, dann kam für ihn endlich die große Chance. Im vergangenen Oktober wurde der heute 62-Jährige als Nachfolger Edmund Stoibers an die Spitze der CSU gewählt. Ein Jahr später steht er vor einem Scherbenhaufen. Nach den Querelen um Stoiber hatte er eine optimistische Partei im Rücken. "Gehen wir mit Mut und mit Gottvertrauen in die nächsten Jahre", hatte Huber nach dem Sieg über seinen Horst Seehofer den Parteitagsdelegierten zugerufen.

Danach lief es nicht mehr gut für Huber. Die Schlappe bei den Kommunalwahlen, das unrühmliche Aus für das CSU-Prestigeprojekt Transrapid, die Querelen um das Rauchverbot und das Milliarden-Debakel bei der bayerischen Landesbank - all dies hat Huber mächtig zugesetzt. Was Beckstein und Huber an Charisma und bundespolitischer Bedeutung fehlt, besitzt Horst Seehofer. Der Ingolstädter gilt als charmant, wortgewandt, in vielen Politikfeldern erfahre und durchsetzungsfähig. Jetzt scheint seine Stunde gekommen.