Die Gegner des syrischen Machthabers wollen ein Papier zur demokratischen Neuregelung vorstellen. Aktivisten: 60 Tote bei Luftangriffen.

Berlin/Amman. Eine Gruppe von syrischen Oppositionellen hat sich auf einen Plan für die Zeit nach einem Ende des Assad-Regimes verständigt. Darin schlagen die etwa 45 Gegner von Machthaber Baschar al-Assad die baldige Einsetzung einer verfassunggebenden Versammlung vor. In dem Papier mit dem Namen "The Day After“ ("Der Tag danach“) bekennen sie sich zu allgemeinen Menschenrechten und Demokratie. Offiziell soll es an diesem Dienstag vorgestellt werden.

Das Papier wurde seit Beginn des Jahres bei insgesamt sechs Treffen in Berlin erarbeitet. Beteiligt waren das wichtigste Oppositionsbündnis, der Syrische Nationalrat (SNC), aber auch andere Kräfte aus unterschiedlichen politischen, ethnischen und religiösen Lagern. Aus Sorge vor dem syrischen Geheimdienst wurden die Treffen geheim gehalten.

Mit dem Plan will die Gruppe auch dem Vorwurf der Zerstrittenheit entgegentreten, dem sich die Opposition immer wieder ausgesetzt sieht. Auf eine Prognose, wann es mit dem Assad-Regime zu Ende sein könnte, legt sich darin niemand fest. Syrien werde danach jedoch vor großen Herausforderungen stehen, sowohl auf wirtschaftlichen und sozialem Gebiet als auch in Sicherheitsfragen.

"Klares Bekenntnis zu politischen Grundsätzen"

In dem Plan geht es auch um Reformen für Armee, Justiz und Sicherheitsapparat. Es heißt darin: "Die neue politische Führung und Regierung muss mit einem klaren Bekenntnis zu politischen Grundsätzen und Verfahren zeigen, dass sie mit dem autoritären Erbe bricht.“ Die erst in diesem Jahr verabschiedete neue Verfassung müsse wieder abgeschafft und durch einen vorübergehenden Gesetzesrahmen ersetzt werden, der allen Syrern die gleichen Rechte garantiert. Grundlage dafür könnte die alte syrische Verfassung von 1950 sein.

Die Arbeit der Oppositionellen wurde von der Stiftung Wissenschaft und Politik (SWP) gefördert, einer der wichtigsten außenpolitischen Denkfabriken in Deutschland. Zur Finanzierung trugen nach Angaben der Opposition die Außenministerien der Schweiz und der USA sowie zwei regierungsunabhängige Organisationen aus den Niederlanden und Norwegen bei. Das Auswärtige Amt war ebenfalls von Beginn an in die Gespräche eingeschaltet, gab jedoch kein Geld.

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Am Montag hatte Frankreichs Präsident François Hollande die syrische Opposition zur Bildung einer Übergangsregierung aufgerufen. Paris werde eine derartige Interimsregierung anerkennen, sagte Hollande in Paris. Zugleich drohte er wie zuvor US-Präsident Barack Obama mit einer militärischen Intervention , sollte Assad chemische Waffen einsetzen. UN-Generalsekretär Ban Ki Moon forderte unterdessen eine Untersuchung der jüngsten Berichte über ein Massaker in Syrien.

Mindestens 60 Tote bei Luftangriffen vor Damaskus

Unterdessen sind in der Nacht nach Angaben von Regierungsgegnern mindestens 60 Menschen bei Angriffen syrischer Kampfjets in Vororten von Damaskus ums Leben gekommen. Die meisten Opfer seien Zivilisten, sagte ein Aktivist. Es habe sich um die ersten Luftangriffe mit Kampfflugzeugen im Bereich der syrischen Hauptstadt gehandelt. Betroffen gewesen seien die östlichen Vororte Semalka und Sakba, wo Rebellen zuvor am Montag mehrere Armee-Straßensperren angegriffen hatten. Beide Vororte sind arm und werden überwiegend von Sunniten bewohnt, die den seit 17 Monaten anhaltenden Aufstand gegen Präsident Baschar al-Assad, einem Alawiten, vorantreiben.

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"Die 60 Opfer wurden in Semalka gezählt“, sagte der Aktivist, der sich aus Angst vor Repressalien mit dem Alias Osama al-Dimaschki zu Wort meldete. "In Sakba gab es auch viele Tote, aber ihre Zahl ließ sich nicht einwandfrei feststellen.“ Die Angaben lassen sich unabhängig kaum überprüfen.

Mit Material von dpa, rtr und dapd