Türkei hindert syrische Flüchtlinge an Einreise. Erstmals größere Gruppe syrische Bürgerkriegsflüchtlinge in Griechenland eingetroffen.

Beirut/Damaskus/Athen. Nach den jüngsten Kämpfen und Massakern im Süden von Damaskus haben Tausende Syrer im Libanon Zuflucht gesucht. Ein libanesischer Grenzbeamter sagte am Montag, binnen weniger Stunden hätten mehr als 6000 Menschen die Grenze überquert. Die meisten Flüchtlinge stammten aus den südlichen Vororten der syrischen Hauptstadt.

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„Wir haben Damaskus heute Morgen verlassen, weil wir Angst haben, dass sich die Situation in der Hauptstadt noch weiter verschlechtern wird“, sagte eine Mutter, die mit ihren zwei Kindern in der libanesischen Hauptstadt Beirut eintraf. Bei den Vereinten Nationen im Libanon haben sich bereits mehr als 51 000 Syrer als Flüchtlinge registrieren lassen.

Die türkischen Behörden haben unterdessen damit begonnen, Syrer an einer Flucht über die Grenze zu hindern. Wegen der schnell wachsenden Zahl von Flüchtlingen wolle die Türkei nicht mehr alle Syrer aufnehmen, berichteten türkische Medien am Montag.

Ein Regierungsvertreter bestätigte die Berichte auf Anfrage, ohne Details zu der neuen Politik zu nennen. Türkische Kommentatoren sehen in der Entscheidung einen möglichen Schritt auf dem Weg zur Einrichtung einer Schutzzone auf syrischer Seite der Grenze. Inzwischen sind mehr als 80 000 Syrer in die Türkei geflüchtet.

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Erstmals seit Beginn des Syrienkonflikts ist eine größere Gruppe syrischer Flüchtlinge in Griechenland angekommen. Vor der Insel Symi in der Südostägäis seien47 Migranten aufgegriffen worden, teilte die griechische Küstenwache am Wochenende mit. 27 von ihnen stammten aus Afghanistan, 20 aus Syrien.

Die Menschen waren an Bord eines kleinen Bootes von der wenige Seemeilen entfernten türkischen Küste gestartet. Alle Flüchtlinge sollen nun in Aufnahmelager gebracht und in ihre Herkunftsländer zurückgeschickt werden, teilte die Polizei mit. Griechenland baut angesichts des kaum noch zu kontrollierenden Stroms illegaler Einwanderer Dutzende neue Aufnahmelager. In den vergangenen zwei Jahren waren mehr als 230 000 Flüchtlinge aufgegriffen worden.

Syriens Nachbarland Jordanien hat unterdessen die internationale Gemeinschaft um verstärkte Hilfe für die rund 160 000 syrischen Flüchtlinge gebeten. Informationsminister Samih Maajtah erklärte, derzeit erreichten jeden Tag mehr als 2000 Flüchtlinge aus Syrien das Land. "Die Zahl der Flüchtlinge wächst, und unsere begrenzten Ressourcen schmelzen", sagte der Minister. Die Vereinten Nationen haben bei ihren Mitgliedern um Spenden für die syrischen Flüchtlinge in Jordanien und anderen Ländern der Region gebeten. Bisher ging nach Uno-Angaben aber erst die Hälfte der erbetenen 190 Millionen Dollar ein.

In Syrien selbst sollen bei einem neuen Massaker mehr als 200 Menschen getötet worden sein. Ihre Leichen wurden in Darija, einem Vorort von Damaskus, gefunden, den die Regierungstruppen eingenommen haben. Das berichteten mehrere Organisationen der Gegner des Regimes von Präsident Baschar al-Assad. Der regimetreue Fernsehsender al-Dunja zeigte Videoaufnahmen von Leichen, die in Autos, auf dem Friedhof oder vor Wohnhäusern liegen. Unter den Toten sind auch Frauen und Kinder. Nach Darstellung von Revolutionsaktivisten wurden die Zivilisten Opfer der Regierungstruppen. Eine unabhängige Überprüfung der Angaben war nicht möglich.

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Die Organisation Syrischer Menschenrechtsbeobachter teilte mit, in der Nähe einer Moschee in Darija seien am Sonntag die Leichen von weiteren neun Männern entdeckt worden. Damit steige die Zahl der Opfer der fünftägigen Militäroperation in dem Vorort auf 320 Tote. Viele der Opfer von Darija seien durch die Angriffe der Armee mit schweren Waffen oder im Gefecht ums Leben gekommen. Eine große Anzahl Menschen sei aber auch "ohne Prozess exekutiert" worden

Je heftiger die Kämpfe in Syrien werden, desto schlimmer werden auch die Massaker an der Zivilbevölkerung. Im Mai waren bei einem Blutbad in dem Ort Al-Hula mehr als 100 Zivilisten gestorben. Auch für dieses Massaker wurden regierungstreue Soldaten verantwortlich gemacht. Mitte Juli sorgten Berichte über ein weiteres Massaker in einem Dorf für Entsetzen. Nach Oppositionsangaben sollen nahe der Stadt Hama bis zu 250 Menschen von Regimetruppen getötet worden sein.

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Zugleich zeigt die Armee von Machthaber Assad Auflösungserscheinungen. Erstmals soll sich ein Kommandeur abgesetzt haben, der größere Kampfverbände befehligt hatte. Jordanische Medien berichteten, General Mohammed Mussa al-Chairat habe zusammen mit weiteren Offizieren die Grenze überquert.

Spekulationen der Opposition, wonach sich auch Vizepräsident Faruk al-Scharaa von Assad abgewandt und nach Jordanien abgesetzt haben soll, stellten sich dagegen als falsch heraus. Al-Scharaa erschien gestern in Damaskus zu einem Treffen mit einem iranischen Funktionär. Bilder des Treffens wurden von einem iranischen TV-Sender ausgestrahlt.