Die USA bleiben im Atomstreit mit Iran hart und verstärken permanent ihre Flotte. Teheran hat Raketen mit großer Reichweite getestet.

Hamburg. Im Schatten des Syrien-Konflikts hat sich ein anderes, noch weit gefährlicheres Krisenszenario langsam immer weiter zugespitzt: die Konfrontation des Westens mit dem Iran. Das Regime von Präsident Mahmud Ahmadinedschad steht im Verdacht, Atomwaffen produzieren zu wollen. Seit Sonntag ist das Ölembargo der Europäischen Union gegen Teheran in Kraft; rund 100 Abgeordnete des iranischen Parlaments haben daraufhin eine Gesetzesinitiative unterzeichnet, die Öltransporte Richtung Europa durch die strategisch wichtige Meerenge von Hormus verbieten soll. Konkret würde dies auf eine Blockade der an einer Stelle nur 50 Kilometer schmalen Meerenge hinauslaufen, durch die bis zu 40 Prozent des per Schiff abgewickelten Ölhandels weltweit laufen.

Gleichzeitig begannen die iranischen Revolutionsgarden mit massiven Militärmanövern und Raketentests. Den 125 000 Mann starken Revolutionsgarden, die neben den regulären Streitkräften eine zweite Säule des iranischen Militärapparats darstellen und über eine eigene Luftwaffe sowie Marine verfügen, unterstehen auch die modernen Langstreckenraketen des Typs Shahab-3, deren stärkste Version eine Reichweite von 2000 Kilometern haben soll. "Bislang haben wir Flugkörper von 300 bis 1300 Kilometern Reichweite in dem Manöver getestet", erklärte General Amir Ali Hadschiadeh, Chef der Luftfahrtabteilung der Garden. Zudem würden Bomber und Drohnen zum Einsatz kommen. Israel liegt rund 1000 Kilometer von Irans Westgrenze entfernt; die Fünfte Flotte der US Navy in Bahrain nur 200 Kilometer.

+++ Iran meldet erfolgreichen Test von Raketen mit großer Reichweite +++

Die US-Regierung unter Präsident Barack Obama hat Teheran gewarnt, dass eine Blockade der Straße von Hormus eine "rote Linie" überschreiten und eine amerikanische Reaktion provozieren würde. Fast unbemerkt von der Weltöffentlichkeit hat das Pentagon die militärische Präsenz der USA im Persischen Golf permanent verstärkt.

Ein US-Regierungsbeamter sagte dazu der "New York Times": "Wenn der Präsident sagt, es lägen außer Verhandlungen noch andere Optionen auf dem Tisch - dann meint er das auch." Der Vizekommandeur der Revolutionsgarden, General Hossein Salami, sagte, die iranischen Raketentests seien eine "Reaktion auf die politische Unhöflichkeit derer, die davon reden, dass alle Optionen auf dem Tisch liegen". Westlichen Erkenntnissen nach wird die iranische Kriegsmarine im Golf verstärkt mit Anti-Schiffs-Raketen aufgerüstet.

Die USA haben seit dem Frühjahr moderne Tarnkappenjäger des Typs F-22 "Raptor" sowie "F-15 C Eagle"-Kampfjets auf zwei Basen am Golf verlegt, um die auf den Flugzeugträgern "USS Abraham Lincoln", "USS Carl Vinson" und "USS John C. Stennis" stationierten Maschinen zu verstärken.

Zudem wurden alle US-Schiffe in der Straße von Hormus mit Maschinenkanonen bestückt, um die schnellen iranischen Angriffsboote abwehren zu können. Vier zusätzliche "MH-53 Pave Low"-Helikopter für Spezialoperationen wurden in die Region verlegt, die Zahl der Minenräumboote auf acht verdoppelt. Das amphibische Transportschiff "USS Ponce" wurde umgerüstet zu einer schwimmenden Basis für Kampfoperationen im Golf. "Die Botschaft an den Iran lautet: Denkt nicht mal daran, die Straße zu sperren", sagte ein Beamter des US-Verteidigungsministeriums. "Denkt nicht mal daran, eure Angriffsboote in Marsch zu setzen, um uns zu belästigen - wir schicken sie auf den Grund des Golfs."

Präsident Obama befindet sich innen- wie außenpolitisch in einer delikaten Lage. Sein republikanischer Herausforderer Mitt Romney hat ihm Schwäche gegenüber dem Iran vorgeworfen - und Obama muss diesen Vorwurf entkräften, möglichst ohne einen Krieg anzufangen. Zugleich muss er Solidarität mit Israel bekunden - aber wiederum nicht so stark, dass die Regierung des Hardliners Benjamin Netanjahu sich zum Losschlagen gegen den Irak ermutigt sieht. "Es geht hier nicht nur um die nuklearen Ambitionen Irans", sagte ein Pentagon-Beamter, "sondern auch um die Ambitionen Irans bezüglich einer regionalen Vorherrschaft."

Zwar sagte Irans Außenminister Ali Akbar Salehi, sein Land lebe bereits seit 33 Jahren mit Sanktionen, und die zusätzlichen seien kein Problem. Doch exportiert der Iran schon jetzt deutlich weniger Öl als noch vor einem Jahr: 1,5 Millionen Barrel sind es derzeit, 2,5 Millionen waren es noch vor der Verhängung weiterer Sanktionen.

Während die USA und 19 weitere Staaten eine groß angelegte Minenräumübung für September vereinbarten, trafen sich Experten der "5+1"-Gruppe - die fünf ständigen Mitglieder des Uno-Sicherheitsrates plus Deutschland - mit iranischen Vertretern in Istanbul. Nachdem vor wenigen Tagen die letzten Gespräche über Irans Atomprogramm in Bagdad gescheitert waren, soll der Dialog wenigstens auf niedriger diplomatischer Ebene am Leben erhalten werden. "Es wird Krieg geben", hat General Hossein Salami gesagt, "und wir werden ihn gewinnen."