Seit Sonntag gilt der von der EU verhängte Stopp der Öleinfuhren aus dem Iran. Am Montag will das Land umfangreiche Raketentest durchführen.

Teheran/London. Die iranischen Revolutionsgarden haben für diesen Montag im Rahmen eines militärischen Manövers Raketentests angekündigt. Es würden Raketen sämtlicher Reichweiten ausprobiert, sagte Luftwaffenkommandant Hadschi Sade am Sonntag nach Angaben der staatlichen Nachrichtenagentur Irna. Die Ankündigung fiel mit dem Inkrafttreten des EU-Ölembargos gegen Teheran zusammen.

Der Iran verfügt über Raketen, die angeblich 2000 Kilometer weit bis nach Israel fliegen können. Das iranische Militär hatte im Atomstreit mit dem Westen in den vergangenen Monaten wiederholt damit gedroht, die für die weltweite Ölversorgung wichtige Straße von Hormus zu blockieren.

Seit Sonntag gilt in der Europäischen Union ein Stopp für alle Öllieferungen aus dem Iran. Damit hat die EU, unterstützt von den USA, die Gangart im Atomstreit mit dem islamischen Staat verschärft. Allerdings versucht der Iran mit der Ausflaggung seiner Tanker einem Medienbericht zufolge, das EU-Ölembargo zu umschiffen. 15 der 39 Öltanker des Landes würden inzwischen unter der Flagge des winzigen Pazifik-Inselstaates Tuvalu fahren, berichtete die britische BBC. Das Ölministerium in Teheran wollte den BBC-Bericht nicht kommentieren.

In den vergangenen Wochen habe die Tankergesellschaft des Irans auch Namen von Schiffen geändert, hieß es bei der BBC weiter. Um nicht erkannt zu werden, hätten iranische Tanker in jüngster Zeit zudem die Transponder ausgeschaltet, mit denen sie über das sogenannte AIS-System geortet werden können.

Zwei der iranischen Tanker unter Tuvalu-Flagge seien derzeit auf dem Weg zum ägyptischen Hafen Ain al-Sukhna am südlichen Ende des Suez-Kanals, berichtete die BBC weiter. Um das EU-Embargo zu umgehen, könnten die Schiffe ihr Öl theoretisch von diesem Hafen aus über eine Pipeline ins ägyptische Alexandria pumpen und dort im Mittelmeer dann von Tankern anderer Länder abholen lassen, hieß es weiter. Anschließend könnte dieses Öl an europäische Raffinerien geliefert werden.

Ölminister: Iran für Sanktionen gewappnet

Bereits am Donnerstag traten US-Finanzsanktionen gegen Banken in Kraft, die Ölgeschäfte mit dem Iran abwickeln. Die Maßnahmen der USA und EU wurden bereits im Dezember und Januar beschlossen . Ölindustrie und Händlern wurde noch eine Übergangszeit eingeräumt, um sich auf die Sanktionen einzustellen.

Der iranische Ölminister Rostam Ghasemi verkündete, Teheran sei bereits für die Sanktionen gewappnet. "Die Regierung ist voll und ganz auf die Sanktionen vorbreitet, alle Vorkehrungen sind getroffen und die Sanktionen werden keinerlei Einfluss auf unsere Ölindustrie haben“, sagte er nach Angaben staatlicher Medien am Sonntag.

+++ Fragen und Antworten: Was die Sanktionen bedeuten +++

Ghassemi ergänzte, der Iran habe bereits Verhandlungen mit neuen Kunden begonnen, nannte aber keine Namen. Sanktionen gegen den Iran gebe es schon seit Jahren, ohne etwas zu bewirken, außer dass das Land noch unabhängiger von westlicher Technologie geworden sei, so der Minister.

Allerdings ist der Ölexport die Haupteinnahmequelle des Gottesstaates, und mit den EU-Sanktionen verliert das Land mindestens 20 Prozent seines Einkommens. Laut Beobachtern könnte es zu gravierenden Einbußen kommen, falls sich andere Länder den Sanktionen anschließen.

Letzter Verhandlungsversuch am 5. Juli

Gespräche zwischen der EU-Außenbeauftragten Catherine Ashton und dem iranischen Atom-Chefunterhändler Said Dschalili in Istanbul, Bagdad und zuletzt in Moskau hatten wenig Greifbares gebracht. Am 3. Juli steht in Istanbul ein möglicherweise letzter Versuch bevor: Dann sollen Experten miteinander sprechen.

Der Iran beharrt auf dem "unveräußerlichen Recht“ eines zivilen Atomprogramms, das auch die Anreicherung von Uran beinhaltet. Am Rande des G20-Gipfels in Mexiko teilten Kremlchef Wladimir Putin und US-Präsident Barack Obama in einer gemeinsamen Erklärung mit, der Iran habe das Recht auf eine friedliche Nutzung der Kernenergie. Doch müsse Teheran ernsthafte Anstrengungen unternehmen, um Vertrauen herzustellen, dass sein Atomprogramm ausschließlich friedlichen Zwecken diene.

Der Westen verlangt, Teheran müsse die Urananreicherung auf 20 Prozent einstellen. Sie gilt als wichtiger Schritt in Richtung einer höheren Anreicherung, mit der auch waffenfähiges Uran hergestellt werden könnte. Der Westen verdächtigt den Iran, unter dem Deckmantel eines zivilen Nuklearprogramms an Atomwaffen zu arbeiten. Teheran bestreitet das. Der Streit um das iranische Atomprogramm zieht sich seit gut sieben Jahren hin – ohne dass ein Durchbruch erkennbar wäre.

Der Markt ist momentan gesättigt

Der Iran kündigte zunächst an, er werde im Gegenzug des Embargos wichtige Schifffahrtswege für den Öltransport blockieren. Der Ölpreis stieg daraufhin auf über 100 Dollar (79 Euro) pro Barrel (rund 159 Liter), da Händler befürchteten, dass es angesichts des hohen Bedarfs in China zu Engpässen kommen könnte.

Der Iran hat seine nuklearen Ambitionen nicht heruntergefahren, sich aber an Verhandlungen beteiligt. Der Nachfrage nach Öl ist aufgrund des sich abkühlenden Weltwirtschaftswachstums zurückgegangen. Saudi-Arabien und andere Staaten haben ihre Produktion gesteigert. Seit dem 1. Mai ist der Ölpreis um 25 Prozent zurückgegangen.

Händler hatten genug Zeit, anderen Quellen anzuzapfen. Dennoch könnte es nach Inkrafttreten des europäischen Ölembargos zu kleineren Lieferengpässen kommen. Der Iran warnte, dass das Embargo den Ölpreis hochschnellen lassen werde. Doch der Markt ist momentan gesättigt.

Mit Material von dpa und dapd