Die fünf UN-Vetomächte und mehrere arabische Staaten haben sich auf eine syrische Übergangsregierung geeinigt. Streit um die Beteilung Assads.

Kairo. Die syrische Opposition ist von der Genfer Syrien-Konferenz so enttäuscht, dass sie jetzt verstärkt auf den bewaffneten Kampf setzt. "In der Erklärung von Genf steht nichts Neues“, sagte Bassam Ishak, ein führendes Mitglied des Syrischen Nationalrates (SNC) am Sonntag dem Nachrichtensender Al-Arabija. Die Opposition werde deshalb künftig vorrangig den bewaffneten Kampf der Deserteure unterstützen.

Die Deserteure hätten bereits 60 Prozent des Staatsgebietes unter ihre Kontrolle gebracht. "Wir verlassen uns darauf, dass sie auch die restlichen Gebiete von der Diktatur befreien werden“, sagte Ishak. Die Opposition kritisiert vor allem, dass die Teilnehmer der Genfer Konferenz am Sonnabend nicht explizit eine Entmachtung von Präsident Baschar al-Assad gefordert hatten. Die von Ishak erwähnte "Kontrolle“ der Deserteure ist in der Regel nur so lange Realität, bis die Armee mit Panzern und Hubschraubern anrückt.

Die fünf UN-Vetomächte und mehrere Nahost-Staaten hatten sich auf ihrer Konferenz in Genf auf ein Abschlussdokument geeinigt, das die Bildung einer Übergangsregierung aus Vertretern des bisherigen Regimes und der Opposition vorsieht. Doch ein wirklicher Durchbruch ist damit noch nicht erzielt. Auf Verlangen Moskaus wurden alle Formulierungen gestrichen, die Syrien Lösungsversuche "von außen aufgezwungen hätten“, wie der russische Außenminister Sergej Lawrow vor der Presse erklärte - und US-Außenministerin Hillary Clinton beharrt weiterhin auf dem Rückzug von Machthaber Baschar al-Assad. "Es obliegt nun Russland und China, Assad die Zeichen der Zeit zu erläutern“, sagte Clinton am Sonnabend im Anschluss an die Konferenz.

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Clinton bestand darauf, dass Assad "trotzdem verschwinden muss“. Dass sein Ausschluss von einer Übergangsregierung auf Verlangen Russlands nicht mehr im Abschlussdokument enthalten sei, habe eigentlich nichts zu bedeuten. Es sei eine Illusion anzunehmen, dass "Leute mit Blut an den Händen bleiben können“. Der neue Friedensplan des internationalen Syrien-Vermittlers Annan sei in wichtigen Punkten von allen Teilnehmern der Konferenz akzeptiert worden.

Clinton kündigte einen neuen Vorstoß im UN-Sicherheitsrat für eine Syrien-Resolution an. Sie solle auf Kapitel 7 der UN-Charta verweisen, wonach die Durchsetzung von Frieden erzwungen werden kann, falls das Assad-Regime nicht die Forderungen des in Genf verabschiedeten Plans für einen politischen Übergangsprozess erfülle. Lawrow widersprach Clinton unmittelbar danach. Die an der Genfer Konferenz beteiligten Staaten könnten dem Sicherheitsrat in New York keine Vorschriften machen. Dieser habe seine eigenen Regeln, sagte Lawrow auf einer weiteren Pressekonferenz. Moskau hat bisher im Sicherheitsrat alle Zwangsmaßnahmen gegen Syrien mit seinem Veto verhindert.

Annan mit dem Ergebnis zufrieden

Der frühere UN-Generalsekretär und Syrien-Sondergesandte Kofi Annan zeigte sich dennoch über das Ergebnis erfreut, fügte jedoch hinzu, dass "die harte Arbeit jetzt beginnt. Wir müssen zusammenarbeiten, um umzusetzen, was vereinbart wurde“. In stundenlangen Verhandlungen hatte Russland, der engste Verbündete Assads, darauf gedrungen, dass nur das syrische Volk selbst über die Zusammensetzung einer Übergangsregierung entscheiden dürfe. Auf die Frage, ob es richtig sei, "Personen mit Blut an den Händen“ wie Assad an der geplanten Übergangsregierung zu beteiligen, sagte Annan: "Ich hoffe, Leute mit Blut an den Händen, sind nicht die einzigen Leute in Syrien.“ Er bezweifle, dass die Syrer solche Personen mit beteiligen möchten.

Am dem Krisentreffen nahmen die Außenminister der fünf UN-Vetomächte USA, Russland, Frankreich, China und Großbritannien sowie Vertreter arabischer Staaten und die EU-Außenbeauftragte Catherine Ashton teil. Die Teilnehmer wollten nach Wegen suchen, um die Gewalt in Syrien zu beenden. Die Außenminister Russlands und Chinas hatten sich hinter verschlossenen Türen lange "eisern geweigert“, der von Annan vorgeschlagenen Forderung nach einer Übergangsregierung der nationalen Einheit zuzustimmen.

Er habe jetzt mehr Hoffnung, dass eine politische Lösung für Syrien möglich werden könnte. Wichtig sei, dass sich die Weltmächte weiter einander annäherten und nach einer gemeinsamen Linie zur Lösung des Syrien-Konfliktes suchen. Dafür sei auf der Konferenz in Genf eine Grundlage geschaffen worden.

Vertreter der syrischen Opposition hatten bereits vor der Konferenz erklärt, es sei für sie nicht hinnehmbar, dass die Verantwortlichen für Verbrechen gegen die Menschlichkeit - darunter Massaker selbst an Frauen und Kindern - straffrei bleiben. Eine Beteiligung an einer Übergangsregierung mit "dem Schlächter“ Assad komme nicht in Frage, sagte Nadschi Tajjra von der Oppositions-Dachorganisation Syrischer Nationalrat (SNC).

Der Iran, der engste Verbündete des Assad-Regimes wurde auf Druck Washingtons nicht zum Genfer Treffen eingeladen. In einem Telefongespräch mit Annan würdigte Außenminister Ali-Akbar Salehi dessen Friedensbemühungen und wünschte ihm Erfolg für die Konferenz. Nach Angaben des iranischen Staatsfernsehens sagte Salehi, dass die Krise in Syrien nur über einen internen Dialog zu lösen sei und dass "vom Westen aufgedrängte Pläne jenseits jeglicher Logik“ seien.

Mit Material von dpa/dapd