Der Deserteur soll aus “humanitären Gründen“ in Jordanien bleiben dürfen. Das Rote Kreuz will Zivilisten aus dem belagerten Homs holen.

Amman. Erstmals seit Beginn des Aufstands gegen den syrischen Präsidenten Baschar Assad vor 15 Monaten ist ein syrischer Luftwaffenpilot mit seinem Kampfflugzeug desertiert. Der Pilot flüchtete am Donnerstag mit seinem Flugzeug nach Jordanien, wo er um politisches Asyl bat, wie der jordanische Informationsminister Samih Maajtah bestätigte. Nach Angaben eines jordanischen Sicherheitsbeamten soll der Pilot aus „humanitären Gründen“ im Land bleiben dürfen.

Die syrische Luftwaffe gilt als besonders loyal zum Assad-Regime. Dass eines ihrer Mitglieder nun desertiert sein soll, bedeutet einen Triumph für die Rebellen, die sich um den Sturz Assads bemühen. Ein Sprecher der oppositionellen Freien Syrischen Armee, Ahmad Kassem, sagte, die Gruppe habe den Piloten zum Überlaufen ermutigt und seine Aktivitäten beobachtet, bis der Jet sicher in Jordanien gelandet sei.

Bei dem geflohenen Piloten soll es sich um Oberst Hassan Hammadeh handeln. Der Pilot habe nach der Landung auf dem Militärflugplatz König Hussein in der jordanischen Stadt Mafrak, rund 70 Kilometer nördlich der Hauptstadt Amman, seine Identifizierung als Mitglied der Luftwaffe abgenommen und sich zum Gebet auf die Rollbahn gekniet, sagte ein jordanischer Sicherheitsbeamter. Der Kampfpilot werde von den jordanischen Behörden befragt.

Dem Piloten sei Asyl gewährt worden, weil seine Sicherheit im Falle einer Rückkehr nach Hause nicht garantiert wäre, sagte der Sicherheitsbeamte. „Er könnte gefoltert oder getötet werden.“ Was mit dem Jet des Kampfpiloten passieren wird, sagte der Beamte nicht.

Das syrische Staatsfernsehen hatte zuvor berichtet, die Behörden hätten den Kontakt zu einem Kampfflugzeug vom Typs MiG-21 verloren, das sich auf einem Trainingsflug befunden habe. Später zitierte die staatliche Nachrichtenagentur einen Militärbeamten mit den Worten, der Pilot sei ein „Verräter seines Landes und seiner militärischen Ehre“.

Die Desertion bringt Jordanien, das wirtschaftlich auf Syrien angewiesen ist, in eine schwierige Position. Jordanien hat seit März vergangenen Jahres 125.000 Flüchtlinge aus Syrien aufgenommen, darunter etliche Deserteure, deren Auslieferung Damaskus verlangt. Die Rolle Syriens als einer der wichtigsten arabischen Handelspartner Jordaniens wurde davon bislang aber nicht berührt.

Das Internationale Komitee vom Roten Kreuz (IKRK) bemühte sich unterdessen darum, Zivilisten aus der Rebellenhochburg Homs in Sicherheit zu bringen. Die Stadt steht seit zehn Tagen unter Dauerbeschuss von Regierungstruppen. Am Donnerstag seien dabei zwei Menschen getötet worden, berichteten Aktivisten aus der drittgrößten syrischen Stadt. In der südsyrischen Stadt Inchil wurden Aktivisten zufolge im Beschuss von Regierungstruppen mindestens neun Menschen getötet.

Vor allem in der Altstadt von Homs wird Aktivisten zufolge die Lage von Tag zu Tag schwieriger: Es gebe kaum noch Strom und Wasser, die Telefonleitungen seien meistens unterbrochen und die Einwohner müssten sich wegen des Beschusses in Schutzräumen aufhalten. „Hunderte von Zivilisten sitzen in der Altstadt von Homs fest“, sagte die Leiterin des IKRK-Einsatzes in der Region, Beatrice Megevand-Roggo.

Der Vatikan rief am Donnerstag zu schneller humanitärer Hilfe für die syrische Zivilbevölkerung auf. Diejenigen, die das Blutvergießen zu verantworten hätten, müssten es auch beenden, forderte Papst Benedikt XVI.. Das Fortsetzen der Gewalt werde „schwere negative Konsequenzen für das Land und die ganze Region haben“, sagte er.

Der russische Außenminister Sergej Lawrow kritisierte Großbritannien am Donnerstag mit deutlichen Worten, nachdem eine britische Firma einem russischen Schiff mit einer Waffenlieferung für Syrien die Versicherung entzogen hatte. Moskau werde sich nicht an die Sanktionen der EU gegen seinen arabischen Verbündeten Syrien halten. „Die EU-Sanktionen sind nicht Teil des Völkerrechts“, sagte Lawrow dem Radiosender Echo Moskwi.