Bei mehreren koordinierten Anschlägen in der irakischen Hauptstadt Bagdad wurden dutzende Menschen getötet. Krisensitzung einberufen.

Bagdad. 16 Explosionen in Bagdad: Mindestens 69 Menschen ließen bei einer Serie von Bombenanschlägen in der irakischen Hauptstadt Bagdad am Donnerstag ihr Leben. Es waren die schwersten Anschläge im Irak seit Monaten. Nach Angaben von irakischen Gesundheits- und Polizeibehörden wurden 169 Menschen verletzt. Zu den Anschlägen bekannte sich zunächst niemand. Angesichts der Vielzahl an offenbar koordinierten Explosionen wurde aber vermutet, dass Mitglieder der Terrorgruppe Al-Kaida im Irak verantwortlich sein könnten. Das Weiße Haus verurteilte die Gewalt und erklärte, derartige Versuche, den Fortschritt im Land zu behindern, würden scheitern.

Mindestens 14 Explosionen ereigneten sich am Donnerstagmorgen (Ortszeit) in Bagdad, am Abend folgten zwei weitere. Die meisten Explosionen ereigneten sich in schiitischen Wohngegenden, betroffen waren aber auch einige sunnitische Viertel. Insgesamt wurden elf verschiede Wohnviertel von Bagdad getroffen.

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Die tödlichste Explosion ereignete sich im Viertel Karrada, wo ein Selbstmordattentäter einen mit Sprengstoff gefüllten Krankenwagen vor einer Regierungsbehörde zur Korruptionsbekämpfung zur Explosion brachte, wie Polizisten vor Ort berichteten. Allein dort kamen Behördenangaben zufolge mindestens 25 Menschen ums Leben. 62 weitere wurden verletzt.

Die Anschlagsserie ereignete sich nur wenige Tage nach dem Abzug der letzten US-Truppen aus dem Irak und inmitten einer schweren Regierungskrise im Land. Am Wochenende waren die politischen Spannungen zwischen Sunniten und Schiiten eskaliert. Der mit Haftbefehl gesuchte irakische Vizepräsident Tarik al Haschemi setzte sich am Sonntag in die halbautonome Kurdenregion ab. Ministerpräsident Nuri al-Maliki hat nachdrücklich die Auslieferung des sunnitischen Politikers gefordert. Al Haschemi hat die Vorwürfe als erfunden und politisch motiviert zurückgewiesen.

Der ranghöchste sunnitische Politiker im Irak gilt als scharfer Kritiker und Rivale des schiitischen Ministerpräsidenten. Al Haschemis Parteienblock Irakija hatte am Samstag aus Protest seine Arbeit im Parlament ausgesetzt. Grund sei die Weigerung der schiitischen Regierung, die Macht zu teilen. Der Streit hat die Furcht vor einem Wiederaufflammen der religiös motivierten Gewalt im Irak zunehmen lassen.

Bundesaußenminister Guido Westerwelle reagierte bestürzt auf die Anschlagsserie und verurteilte die Gewalt. „Wir fühlen mit den Angehörigen der Opfer, den Verletzten wünschen wir baldige Genesung“, sagte der FDP-Politiker am Donnerstag in Berlin. Die Menschen im Irak und die internationale Gemeinschaft hätten viel investiert, um den Wiederaufbau des Landes und die gesellschaftliche Versöhnung voranzubringen. „Terroristischen Kräften darf es nicht gelingen, diesen Prozess aufzuhalten“, mahnte der Minister und appellierte an „alle politischen Kräfte im Irak, das bisher Erreichte jetzt nicht leichtfertig aufs Spiel zu setzen“.

Das Weiße Haus erklärte, irakische Sicherheitskräfte hätten gezeigt, dass sie auf Anschläge wie diese reagieren könnten. Derartige Gewalt habe kein Ziel, „außer Mord und Hass“, sagte Sprecher Jay Carney. (abendblatt.de/dapd)