Gleichzeitig forderte das Bundesaußenministerium die Beobachter der Arabischen Liga in Syrien zu einem gründlichen Vorgehen auf.

Berlin/Kairo/Beirut. Die Bundesregierung fordert von der syrischen Regierung für die Beobachter der Arabischen Liga ungestörten Zugang zu Oppositionellen und Gefangenen. Bundesaußenminister Guido Westerwelle (FDP) verlange für die Beobachter „ungehinderten Zugang zu allen neuralgischen Punkten“ in Syrien, sagte ein Sprecher des Auswärtigen Amtes am Donnerstag. „Dazu gehören nicht nur kritische Städte wie Homs und andere, sondern auch die Möglichkeit, ungehindert mit Vertretern der Opposition, der Zivilgesellschaft und auch mit Inhaftierten des Regimes zu sprechen.“ Menschenrechtler hatten zuvor der syrischen Führung unter Präsident Baschar al-Assad vorgeworfen, die Mission gezielt zu täuschen. Laut Human Rights Watch ließ das Assad-Regime Gefangene vor dem Besuch verlegen und Soldaten als Polizisten verkleiden.

Gleichzeitig mahnte das Außenministerium die Beobachter der Arabischen Liga, sich nicht zu schnell zufrieden zu geben. Der Sprecher erklärte weiter: „Westerwelle erwartet von der Beobachtermission ein gründliches Vorgehen und ein klares ungeschminktes Bild der Lage. (...) „Wichtig ist, dass entsprechend dem Protokoll zur Einsetzung der Mission mit Beginn ihrer Arbeit die Gewaltanwendung des Regimes endlich ein Ende hat und politische Gefangene frei gelassen werden.“

+++Protesthochburg Homs: Beobachter unter Beobachtung+++

Die Beobachter haben ihre Friedensmission mit dem Besuch der Protesthochburgen Hama, Daraa und Idlib fortgesetzt. Aus dem Umfeld der Delegation hieß es am Donnerstag, die Experten der Arabischen Liga hätten ursprünglich schon früher in diesen Provinzen sein wollen. Allerdings habe es wegen eines „logistischen Problems“ Verzögerungen gegeben. Der Leiter der Mission, Mustafa al-Dabi, bat den Angaben nach die Oppositionsaktivisten um mehr Zeit, bevor die Arbeit der Beobachter kritisiert werde. Die Demokratiebewegung hatte zuvor empört auf die Aussage des sudanesischen Generals reagiert, er habe beim Besuch in der seit Wochen umkämpften Stadt Homs nichts Beängstigendes gesehen. Sheikh Anas Airut vom Nationalrat der syrischen Opposition sagte in einem Telefongespräch aus der Türkei, diese Einschätzung sei „sehr enttäuschend“. Das Regime von Präsident Baschar al-Assad spiele allen etwas vor. „Das ist eine Tragödie.“

Auch die USA hatten am MIttwoch (Ortszeit) einen ungehinderten Zugang der Beobachter zu den Unruhegebieten gefordert. Die Beobachtermission dürfe nicht in ihrer Arbeit behindert werden, sagte US-Außenamtssprecher Mark Toner in Washington. Die Beobachter müssten auch Kontakt mit möglichst vielen Oppositionellen und Demonstranten haben können. „Es ist wichtig, dass sie Zugang zu allen Gebieten haben, um eine vollständige Untersuchung durchzuführen...“, sagte Toner. Mit Blick die von Menschenrechtlern geäußerte Kritik an dem Einsatz der Beobachter meinte er: „Wir haben Vertrauen in die Mission.“ Es sei der erste Tag ihrer Arbeit gewesen.

Die arabischen Diplomaten beurteilen ihre Aufgabe trotz der anhaltenden Gewalt im Land optimistisch. Der Chef der Mission, der sudanesische General Mustafa al-Dabi, zeigte sich nach dem Besuch in der seit Wochen umkämpften Stadt Homs zuversichtlich, dass ein Ende der Gewalt erreicht werden könnte. Die syrischen Behörden seien kooperativ gewesen, sagte er der panarabischen Zeitung „Al-Hayat“. Auch ein Vertreter der syrischen Opposition in London kritisierte den Einsatz. „Die Mission der Arabischen Liga tut nichts, um der syrischen Bevölkerung zu helfen. Jeden Tag sterben Dutzende“, sagte Rami Abdel Rahman von der syrischen Menschenrechtsbeobachtungsstelle in London.

Frankreich kritisierte ebenfalls den bisherigen Verlauf der Mission. Der Besuch der Beobachter in Homs habe die Fortsetzung der blutigen Unterdrückung dort nicht verhindern können, hieß es in einer Mitteilung des Pariser Außenministeriums. Die Kürze des Aufenthalts habe es der Delegation nicht einmal ermöglichen können, die tatsächliche Situation in der seit Wochen umkämpften Stadt einzuschätzen.

Laut Human Rights Watch soll die Regierung mehrere hundert Gefangene in militärische Einrichtungen verlegt haben, zu denen die Beobachter keinen Zugang hätten. Ein syrischer Sicherheitsoffizier schätzte die Zahl der Gefangenen demnach auf mindestens 400 bis 600. Außerdem berichtete die Menschenrechtsgruppe, syrische Soldaten würden sich als Polizisten verkleiden. Damit werde die Forderung der Arabischen Liga umgangen, das Militär abzuziehen. Die Initiative der Arabischen Liga sieht auch vor, dass möglichst bald wieder Journalisten ungehindert ins Land reisen dürfen. In den nächsten Tagen soll die Zahl der Beobachter von derzeit gut 50 auf rund 150 steigen. Bis Ende Januar wollen sie den Abzug der Armee aus den Städten und die Freilassung politischer Gefangener überwachen. Bei dem Aufstand gegen Assad sind seit März nach Schätzungen der Vereinten Nationen mehr als 5000 Menschen getötet worden.

Mit Material von dpa/dapd