Arabischen Staaten erhöhen den Druck auf Syrien. Ein Ultimatum soll das Regime von Präsident Assad dazu bringen, das Blutvergießen zu beenden.

Beirut/Kairo/Rabat/Istanbul. Es wird einsam um das Regime von Syriens Präsidenten Baschar al- Assad : Die arabischen Staaten haben der syrischen Regierung ein Ultimatum gestellt, die Gewalt gegen Regimegegner zu beenden und arabische Beobachter ins Land zu lassen. Sollte dies nicht binnen drei Tagen geschehen, werde die Arabische Liga Wirtschaftssanktionen verhängen, sagte der katarische Außenminister Scheich Hamad bin Dschasim al-Thani am Mittwochabend zum Abschluss einer Außenministerkonferenz in Marokko.

Das Regime von Präsident Baschar al-Assad gerät damit weiter unter Druck und in die Isolation. Am Mittwochabend trat auch der von den arabischen Staaten beschlossene Ausschluss Syriens aus der Liga auf unbestimmte Zeit in Kraft. Er war bereits am vergangenen Samstag beschlossen worden als Reaktion auf die Weigerung der syrischen Regierung, einen mit der Liga vereinbarten Friedensplan umzusetzen.

Syrien hatte keinen Vertreter zu dem Treffen in Rabat entsandt. Dies wurde in arabischen Ländern als Hinweis gewertet, dass das Assad-Regime keine Möglichkeit mehr sieht, sich doch noch mit den Arabern zu einigen.

Die Arabische Liga formulierte nach Angaben des Nachrichtensenders Al-Arabija auch ein Protokoll, in dem die Details für die Arbeit der Beobachter in Syrien festgelegt wurden. Diese sollten an 16 Brennpunkten im Land eingesetzt werden, hieß es.

Vor ihrer Sitzung in Rabat waren einige der arabischen Minister mit dem türkischen Außenminister Ahmed Davutoglu zusammengetroffen, der erklärt hatte, es müssten rasch Maßnahmen zum Schutz der Zivilisten in Syrien getroffen werden. Gleichzeitig betonten die Regierungsvertreter, dass die Krise in Syrien „ohne ausländische Einmischung“ beendet werden müsse.

Syrien lässt prominente Oppositionelle frei

Die bekannte syrische Psychoanalytikerin Rafah Nasched ist nach mehr als zwei Monate langer Haft aus dem Gefängnis entlassen worden. „Ich bin bei guter Gesundheit und in guter moralischer Verfassung“, sagte sie am Donnerstag der Nachrichtenagentur dpa in Damaskus. Diplomaten und Intellektuelle hatten nach der Festnahme der 66 Jahre alten Syrerin am 10. September eine Kampagne für ihre Freilassung gestartet. Sie war nach Angaben ihres Ehemannes am Flughafen Damaskus festgenommen worden, als sie nach Paris fliegen wollte, um ihre Tochter zu besuchen. Das Regime von Präsident Baschar al-Assad geht mit Gewalt und einer Desinformationskampagne gegen die Protestbewegung vor, die sich im März formiert hatte und seither den Rücktritt des Präsidenten fordert. Mehr als 3500 Menschen sollen nach Angaben der Vereinten Nationen seither durch Schüsse und Folter gestorben sein.

Regierung verhindert Berichterstattung

Ein Vertreter der syrischen Opposition erklärte, die Deserteure hätten die Geheimdiensteinrichtung in Harasta von drei Seiten angegriffen. Dabei kamen demnach Maschinengewehre und raketenbetriebene Granaten zum Einsatz. Das Verwaltungsgebäude sei beschädigt worden. Ein nahegelegenes Gebäude, in dem Gefangene inhaftiert sind, hätten die Angreifer bewusst nicht ins Visier genommen. Berichte über Verletzte oder Todesopfer lagen zunächst nicht vor.

Die Angaben konnten nicht von unabhängiger Seite bestätigt werden. Die syrische Regierung hat jegliche unabhängige Beobachtung verhindert und die meisten ausländischen Journalisten ausgesperrt. Deshalb sind Berichte von Aktivisten und Augenzeugen die wichtigsten Quellen.

+++ Assad-Anhänger stürmen Botschaften in Damaskus +++

Unterdessen wurden am Mittwoch nach Angaben von Aktivisten vier Menschen in der Provinz Hama getötet, nachdem sie von Regierungstruppen aus dem Hinterhalt angegriffen wurden. Unter den Getöteten waren drei Deserteure, wie das in London ansässige Syrische Observatorium für Menschenrechte berichtete. Das örtliche Koordinationskomitee sprach von drei Todesopfern am Mittwoch.

Nach Schätzungen der Vereinten Nationen sind beim Vorgehen des Regimes gegen seine Gegner seit März bisher 3.500 Menschen getötet worden. Die Behörden machen bewaffnete Banden für den Tod von 1100 Soldaten und Polizisten verantwortlich. Der November war mit mehr als 300 Toten laut Aktivisten bisher der blutigste Monat.

Türkei droht mit Ende von Stromlieferungen

Derweil erhöhen die syrischen Nachbarn den Druck auf die Regierung in Damaskus von zwei Seiten: Die Türkei spricht von einer verpassten "letzten Chance“ und droht mit der Kappung von Stromlieferungen, die Arabische Liga berät mit der Opposition Pläne für eine Machtübergabe. Syrien entließ nach staatlichen Angaben mehr als 1100 Gefangene aus der Haft.

Der einstige Verbündete Türkei warf Syrien am Dienstag vor, es habe eine letzte Chance ungenutzt verstreichen lassen. "Das Regime ignoriert die Forderungen seines Volks“, sagte Außenminister Ahmet Davutoglu. Ministerpräsident Tayyip Erdogan warnte, die Regierung stehe "auf des Messers Schneide“. Das Nachbarland ist zu einem der schärfsten Kritiker der autokratischen Regierung geworden, schreckt aber anders als die EU und die USA bislang vor harten Sanktionen zurück.

Die Entscheidung, Strom nach Syrien zu liefern, könnte nun aber überdacht werden, sollte die Regierung bei ihrer harten Linie bleiben, sagte Energieminister Taner Yildiz. Abseits des hohen Symbolgehalts dürften die praktischen Auswirkungen aber überschaubar bleiben: Syrien produziert mehr Strom als es verbraucht und könnte zudem auf Lieferungen aus Jordanien und dem Libanon zurückgreifen.

Die syrische Regierung kündigte wegen der Sanktionen des Westens an, den Handel mit asiatischen und afrikanischen Ländern auszubauen. Es gebe eine Menge Möglichkeiten, sagte Wirtschaftsminister Mohammed Nidal al-Schaar der ägyptischen Zeitung "Al-Alam al Jum“ und erwähnte auch Länder wie Russland, Weißrussland und Kasachstan.

Unter dem Eindruck des wachsenden diplomatischen Drucks entließ die Regierung einen prominenten Regierungsgegner vorzeitig aus der Haft. Kamal Labwani war wegen Präsidentenbeleidigung und Anstachelung einer ausländischen Invasion zu 15 Jahren Gefängnis verurteilt worden.

Mit Material von dpa, rtr dapd und kna