Der ukrainische Präsident droht der Europäischen Union. Russland kommt die Verstimmung zwischen EU und Janukowitsch gerade recht.

Kiew. Die Annäherung zwischen der Ukraine und der Europäischen Union gerät in immer schwereres Fahrwasser. Der ukrainische Präsident Viktor Janukowitsch verlangte in einem Fernsehinterview von Brüssel ultimativ eine Beitrittsperspektive für sein Land. Andernfalls erwäge er, die Verhandlungen über ein Assoziierungsabkommen mit der EU auszusetzen, berichtete die ukrainische Nachrichtenagentur Unian. Ein festes Beitrittsversprechen lehnt Brüssel bislang ab. Die EU hatte zuletzt einen für den heutigen Donnerstag geplanten Besuch Janukowitschs in Brüssel abgesagt, bei dem Details des Assoziierungsabkommens verhandelt werden sollten.

Die Unterzeichnung ist derzeit für Dezember geplant. Die EU macht den ukrainischen Präsidenten jedoch für den Schuldspruch gegen Oppositionsführerin Julia Timoschenko verantwortlich und fordert deren Freilassung.

Die wegen Amtsmissbrauchs zu sieben Jahren Haft verurteilte Timoschenko ist erneut verhört worden. Das erklärte Generalstaatsanwalt Viktor Pschonka. Bei der Befragung sei es um die in der vorigen Woche erhobenen neuen Vorwürfe gegen Timoschenko im Zusammenhang mit ihrer Tätigkeit als Chefin des Energieunternehmens EESU gegangen, wie die ukrainische Nachrichtenagentur Unian unter Berufung auf Pschonka mitteilte. Die Ermittler werfen der einstigen Ikone der demokratischen Revolution in der Ukraine vor, in den 90er-Jahren Verbindlichkeiten des Unternehmens auf den Staat abgewälzt zu haben.

Der Streit zwischen der Ukraine und der Europäischen Union führt zu einer Annäherung der Ex-Sowjetrepublik an Russland. Nach der Ausladung des ukrainischen Präsidenten Janukowitsch von einem Besuch in Brüssel sei Freude in der Maschine von Kremlchef Dmitri Medwedew ausgebrochen, der just in die Ukraine unterwegs war, berichtet die russische Zeitung „Kommersant“. „Die EU wird ihre Prinzipien nicht über Bord werfen. Also wird Janukowitsch zu uns kommen“, zitiert das Blatt einen russischen Diplomaten. Allerdings: Allein auf Russland scheint die Ukraine dann doch nicht setzen zu wollen. Nun soll Vize-Premier Andrej Klujew an diesem Donnerstag nach Brüssel fahren und sich dort um Schadensbegrenzung bemühen. Doch Russland bleibt an allen Fronten aktiv: Am Mittwoch verhandelt Verteidigungsminister Anatoli Serdjukow mit der Ukraine über weitere Militärabkommen.

Moskau frohlockt. Medwedew umschmeichelt seinen Amtskollegen Janukowitsch beim gemeinsamen Treffen und geht sogar ein Stück weit auf die alte Forderung nach niedrigeren Preisen für russisches Gas ein. Seit seinem Amtsantritt im Februar 2010 verlangt Janukowitsch eine Revision der Verträge – es sind gerade jene Kontrakte, deretwegen Timoschenko verurteilt wurde. (dpa/dapd)