Israel steht wegen seiner Siedlungsaktivitäten wieder international am Pranger. Neue Baupläne sorgen für Verstimmungen mit Deutschland.

Jerusalem. Israel hat die neue Nahost-Friedensinitiative der internationalen Gemeinschaft mit Vorbehalten akzeptiert. Einen Baustopp im arabischen Ostteil Jerusalems und im Westjordanland lehnt der jüdische Staat aber weiter ab. Angesichts neuer Baupläne in Gilo am Südrand Jerusalems sprach der ehemalige israelische Botschafter in Deutschland, Shimon Stein, am Montag von einem „Vertrauensproblem“ zwischen Deutschland und Israel. Zu Berichten über eine neue Krise zwischen Ministerpräsident Benjamin Netanjahu und Bundeskanzlerin Angela Merkel sagte eine Sprecherin des Außenministeriums in Jerusalem: „Es gibt in der Tat Meinungsverschiedenheiten, wir sehen die Dinge unterschiedlich.“

Israel hatte vergangene Woche den Bau 1100 neuer Wohnungen in Gilo am Südrand Jerusalems angekündigt und dafür scharfe internationale Kritik geerntet. Merkel hatte Netanjahu am Freitag angerufen und erklärt, ihr fehle jegliches Verständnis für den Bauplan in Gilo. Die israelische Zeitung „Haaretz“ schrieb am Montag am zweiten Tag in Folge über eine „diplomatische Krise“ zwischen Deutschland und Israel. Merkel habe Netanjahu vorgeworfen, die neuen Baupläne seien eine „Provokation“. Netanjahus Büro teilte hingegen am Sonntag mit, die Beziehungen mit der deutschen Regierung seien weiterhin „gut und eng“. „Wenn es Meinungsverschiedenheiten gibt, werden sie auf freundliche Art und Weise gelöst“, hieß es in der Mitteilung.

Das Viertel Gilo liegt auf dem Gebiet, das Israel während des Sechstagekriegs von 1967 erobert hatte. Die internationale Gemeinschaft und die Palästinenser sehen Gilo als illegale Siedlung an, Israel hingegen als rechtmäßigen Teil seiner Hauptstadt Jerusalem. Die israelische Außenamtssprecherin Ilana Stein sagte am Montag, Israel und Deutschland seien sich nicht einig über den Status von Gilo. „Gilo ist keine Siedlung, es ist Teil Jerusalems.“ Israel hatte am Sonntag seine Zustimmung zu der neuen Nahost-Friedensinitiative der internationalen Gemeinschaft bekundet. „Israel begrüßt den Aufruf des Nahost-Quartetts zu direkten Verhandlungen ohne Vorbedingungen“, teilte Netanjahus Büro mit. Man rufe die Palästinenserbehörde auf, den Plan ebenfalls anzunehmen und ohne Aufschub direkte Gespräche mit Israel zu beginnen.

Die Vorbedingungen der Palästinenser für neue Verhandlungen, einen vollständigen Siedlungsstopp sowie die Festlegung der Grenzen vor dem Sechstagekrieg von 1967 als Basis für Gespräche, lehnt Israel allerdings weiter strikt ab. Israel habe hinsichtlich des Plans zwar einige Bedenken, werde diese aber zu einem angemessenen Zeitpunkt ansprechen, hieß es in der Mitteilung weiter. Die Zeitung „Haaretz“ berichtete am Montag, Netanjahu wolle schon zu Beginn der Gespräche Vorbehalte äußern, „die der Mitteilung des Quartetts total widersprechen und sie ihres ganzen Inhalts entleeren“.

Das Nahost-Quartett aus USA, Russland, Vereinten Nationen und Europäischer Union hatte am 23. September einen Fahrplan für neue Gespräche in Nahost vorgelegt. Es reagierte damit auf den umstrittenen Antrag des Palästinenserpräsidenten Mahmud Abbas, einen unabhängigen Palästinenserstaat als Vollmitglied der Vereinten Nationen aufzunehmen. Die Initiative sieht vor, dass Israel und die Palästinenser binnen eines Monats und ohne Vorbedingungen direkte Gespräche aufnehmen. Nach drei Monaten sollen beide Seiten Vorschläge für den Verlauf der Grenzen und Sicherheitsgarantien vorlegen. Bis Ende kommenden Jahres soll eine endgültige Übereinkunft erzielt worden sein.

Der US-Verteidigungsminister Leon Panetta traf am Montag zu einem Besuch in Nahost ein. Er wolle Israelis und Palästinenser dazu aufrufen, rasch Verhandlungen aufzunehmen, sagte er während der Anreise aus den USA. „Die schwierigen Streitpunkte werden am besten am Verhandlungstisch gelöst.“ (dpa)