Der Iran hat nach Erkenntnissen der Internationalen Atomenergiebehörde IAEA an der Entwicklung einer Atombombe gearbeitet.

Wien. Nach Einschätzung der Internationalen Atomenergiebehörde hat der Iran am Bau einer Atombombe gearbeitet. In dem jüngsten IAEA-Bericht zum Atomprogramm der Islamischen Republik hieß es, entsprechende Forschungen könnten auch weiterhin unternommen werden. Der Iran reagiert umgehend und nannte die Erkenntnisse des berichts "politisch motiviert und unausgewogen". Dennoch dürften sich die Spannungen im Nahen Osten nun weiter verschärfen. Medienberichten zufolge kursieren in Israel Pläne, iranische Atomanlagen militärisch anzugreifen.

Im Bericht werden Hinweise auf gezielte und verdeckte Bemühungen aufgeführt, um die Fähigkeit zum Bau von Atombomben zu erlangen. Quelle für die Einschätzungen sind nach Angaben der Wiener UN-Behörde „vertrauenswürdige Informationen“, etwa aus Mitgliedsstaaten. Die waffen-relevanten Arbeiten seien Teil eines „strukturierten Programms“ bis 2003 gewesen.

Der Iran habe bei seinen Arbeiten an Atomwaffen auch Komponenten getestet, hieß es in dem Bericht. Experimente mit starkem Sprengstoff indizierten die Waffenentwicklungen. Besonders Studien zu atomaren Bauteilen aus den Jahren 2008 und 2009 beunruhigen die IAEA.

Die USA und ihre Verbündeten dürfen nach Vorlage des Berichts auf härtere Sanktionen gegen den fünftgrößten Öl-Exporteur der Welt drängen. Möglich seien diese etwa gegen Geschäftsbanken, unwahrscheinlich dagegen ein Vorgehen gegen den Öl- und Gassektor sowie die Zentralbank, sagte ein US-Regierungsvertreter.

Russland kritisierte den Bericht als hinderlich für einen Dialog mit der Regierung in Teheran. Dadurch würden die Chancen für eine diplomatische Lösung zunichte gemacht, erklärte das Außenministerium.

Die Islamische Republik streitet ab, an Atomwaffen zu arbeiten, lehnt jedoch internationale Kontrollen ihrer Atomanlagen ab. In Israel wird diese Entwicklung als Bedrohung gesehen, da der iranische Präsident Mahmud Ahmadinedschad dem jüdischen Staat wiederholt das Existenzrecht abgesprochen hat. Russland, Frankreich und Deutschland warnen eindringlich vor den Folgen eines Militärschlags gegen den Iran.

Iran zeigt sich unnachgiebig

Vor der Veröffentlichung eines Berichts zum iranischen Atomprogramm hat sich Präsident Mahmud Ahmadinedschad unnachgiebig gezeigt. Der Generaldirektor der UN-Atomenergiebehörde (IAEA) sei ein Handlanger der USA, erklärte Ahmadinedschad nach einem Bericht des staatlichen Fernsehens am Dienstag. Der Iran plane nicht den Bau einer Atomwaffe und werde seine Nuklearaktivitäten fortsetzen. Der Bericht der IAEA wird am Mittwoch erwartet und soll Hinweise auf ein Atomwaffenprogramm im Iran enthalten.

IAEA-Generaldirektor Yukiya Amano habe keine eigene Macht und verstoße gegen die Regeln der IAEA, sagte Ahmadinedschad weiter. Amano veröffentliche Papiere, die ihm von Amerikanern vorgelegt würden. Die USA hätten ihr Budget für Nuklearwaffen kürzlich um 81 Milliarden Dollar aufgestockt, erklärte der Präsident. Das sei 300 Mal so viel wie der Etat des iranischen Atomprogramms. Damit würde der Iran im Jahr etwa 270 Millionen Dollar für sein Atomprogramm ausgeben.

Präsident Peres drängt: Stoppt den Iran

Ahmadinedschad bekräftigte, sein Land sei nicht mit dem Bau einer Atombombe beschäftigt. Wenn der Iran die Kontrolle der USA über die Welt auflösen wollte, bräuchte er dazu keine Bomben. „Wir verlassen uns auf unsere Gedanken, unsere Kultur und Logik“, erklärte er.

Westerwelle droht mit weiteren Sanktionen

Außenminister Guido Westerwelle warnte vor einer atomaren Bewaffnung des Iran und drohte Teheran mit weiteren Sanktionen. Falls der Bericht der Internationalen Atomenergiebehörde zeige, dass der Iran erneut an einem Programm für nukleare Waffen arbeite, „werden wir in Europa eine nächste Sanktionsrunde vorbereiten“ , sagte Westerwelle am Dienstag. Zugleich warnte er vor einem möglichen Militärschlag gegen das Land. Westerwelle sagte in der ARD, von Diskussionen über militärische Interventionen halte er gar nichts. „Sie werden übrigens das Gegenteil erreichen von dem, was man erreichen möchte.“

Ebenso skeptisch äußerte sich Russlands Präsident Dmitri Medwedew bei seinem Besuch in Berlin. Er warnte Israel eindringlich vor einem militärischen Vorgehen gegen den Iran. Das Aufbauen eine Drohkulisse könne schwerwiegende Folgen haben und in einen großen Krieg münden, sagte Medwedew nach einem Gespräch mit Bundespräsident Christian Wulff. Medwedew sprach angesichts der großen Spannungen im Nahost von einer überaus gefährlichen Rhetorik Israels. Für den Nahen Osten wäre das eine Katastrophe. Medwedew mahnte zugleich, Teheran müsse seine Zusagen zur friedlichen Nutzung der Kernenergie einhalten.

China fordert Flexibilität

China rief den Iran zu mehr Kooperationsbereitschaft auf. Die Iraner sollten jetzt „Flexibilität und Aufrichtigkeit“ zeigen, sagte ein Sprecher des chinesischen Außenministeriums am Dienstag. China halte daran fest, dass der Atomkonflikt nur durch Dialog und Kooperation gelöst werden könne. Den Einsatz von irgendeiner Art von Gewalt gegen den Iran lehne Peking weiterhin entschieden ab.

Die „Washington Post“ hatte vorab unter Berufung auf Quellen aus der IAEA bereits berichtet, dass der Iran an der Schwelle zur Entwicklung einer Atomwaffe stehe. Es gebe Geheimdienstberichte, aus denen hervorgehe, dass der Iran Hilfe eines ehemaligen sowjetischen und eines pakistanischen Atomwaffenspezialisten erhalten habe.

Die IAEA listete in der Vergangenheit bereits Aktivitäten auf, die ihrer Meinung nach auf ein iranisches Atomwaffenprogramm hindeuten. Der Iran streitet dies ab und beteuert, dass sein Programm ausschließlich friedlichen Zwecken dient. Gestritten wird vor allem auch um die Urananreicherung. Der Iran braucht sie nach eigenen Angaben, um Brennstäbe für seine Reaktoren herzustellen.

Im Westen wird aber befürchtet, dass der Iran heimlich auch hochangereichertes Uran produzieren will, das für eine Atombombe gebraucht wird. Der UN-Sicherheitsrat hat wegen der Weigerung Teherans, die Urananreicherung zu stoppen, schon Sanktionen gegen das Land verhängt.