Physiker wollte sprengstoffbeladene Modellflugzeuge in Verteidigungsministerium und Kapitol stürzen lassen. Er wurde festgenommen.

Boston. Terrorermittler des FBI haben möglicherweise einen Terroranschlag auf das Pentagon und das Capitol verhindert. Die Beamten nahmen am Mittwoch den 26-jährigen Rezwan F. fest, der einen geradezu bizarr klingenden Plan entworfen haben soll: Demnach wollte der Verdächtige ferngesteuerte Modellflugzeuge mit Sprengstoff zu fliegenden Bomben umbauen und in die Sitze von Verteidigungsministerium und Kongress steuern. Das teilte die Staatsanwaltschaft in Boston mit. Der Mann aus dem US-Bundesstaat Massachusetts plante den Angaben zufolge auch, nach der ersten Attacke auf die fliehenden Menschen zu schießen.

Rezwan F. wähnte sich mit seinem Plan offenbar schon kurz vor dem Ziel: Erst kurz vor seiner Festnahme hatte er rund elf Kilogramm Sprengstoff, sechs Kalaschnikow-Sturmgewehre sowie Granaten erstanden. Weitere Bestandteile, darunter das Mini-Flugzeug, hatte der studierte Physiker schon in den Monaten zuvor besorgt. Doch kurz nach der Übergabe der Waffen und des Sprengstoffs schlugen die Ermittler zu: Rezwan F. war verdeckten FBI-Ermittlern auf den Leim gegangen. Gewehre, Granaten und C4-Sprengstoff seien alle nicht funktionsfähig gewesen, beruhigte die Staatsanwaltschaft.

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Nach den Erkenntnissen der Ermittler habe der Verdächtige seit dem Frühjahr 2010 einen "Heiligen Krieg" gegen die USA geplant. Die Undercover-Agenten waren dem Mann seitdem auf der Spur. Er habe vermutlich Handys zu Fernbedienungen für Sprengsätze umgebaut. Die Mobiltelefone habe er an FBI-Agenten weitergegeben, die er für Mitglieder des Extremisten-Netzwerks al-Qaida gehalten habe. Ihnen vertraute er auch detaillierte Anschlagspläne an, einige Ziele hatte er bereits ausgespäht. Bei mehreren aufgezeichneten Gesprächen habe Rezwan F. erzählt, er ziele auf den "psychologischen" Effekt durch die Tötung von Amerikanern ab, darunter Frauen und Kinder, die er "Feinde Allahs" nannte.

Dem 26 Jahre alten Physiker werde zudem vorgeworfen, er habe die Terrororganisation al-Qaida bei Anschlägen auf US-Soldaten im Ausland unterstützen wollen. Im Falle einer Verurteilung drohen dem Mann bis zu 15 Jahre Haft für die Unterstützung von Extremisten im Ausland, bis zu 20 Jahre für versuchte Angriffe auf US-Verteidigungseinrichtungen und noch einmal bis zu 20 Jahre für die Pläne, Staatsgebäude zu beschädigen. Er soll am Montag dem Haftrichter vorgeführt werden. Mit der Festnahme bestätigt sich eine Befürchtung von Politikern und Sicherheitsexperten, dass eine terroristische Bedrohung künftig vor allem von Einzeltätern ausgeht. Noch im August hatte US-Präsident Barack Obama dem Sender CNN gesagt, er halte den Anschlag eines Einzeltäters in den USA derzeit für wahrscheinlicher als eine koordinierte Aktion wie beim 11. September 2001. Es bestehe immer die Gefahr, dass ein "einsamer Wolf" mit einer einzigen Waffe einen Anschlag verübe.

Tatsächlich war der letzte Anschlagsversuch in den USA nicht durch eine Terrorgruppe durchgeführt worden. Der aus Pakistan stammende US-Bürger Faisal Shahzad hatte versucht, am Times Square in New York eine versteckte Bombe zu zünden. Nur weil der Sprengsatz nicht auslöste, blieb ein Blutbad aus. Auch in Deutschland gilt ein Attentat durch ein Terror-Netzwerk als unwahrscheinlich. "Heute weiß man, dass es diese Netzwerke gibt, und meistens auch, wer die Akteure sind", sagte der deutsche Innenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) der "Bild"-Zeitung. "Die größte Gefahr geht heute eher von Einzeltätern aus. Sie sind schwer zu entdecken." So entging den deutschen Sicherheitsbehörden auch, wie sich der in Deutschland lebende Kosovare Arid U. in kürzester Zeit radikalisierte. Im März stürmte er mit einer Pistole bewaffnet am Frankfurter Flughafen einen Bus mit US-Soldaten und tötete zwei von ihnen.