Der Attentäter Anders Behring Breivik hat nach Überzeugung des norwegischen Geheimdienstes PST auf eigene Faust und mit Berechnung getötet. Für seine Behauptung, gewaltbereite Komplizen in Norwegen und im Ausland zu haben, fehlt noch immer jeder Beweis. Zugleich wies PST-Chefin Janne Kristiansen Vermutungen von Breiviks Anwalt Geir Lippestadt zurück, der 32-Jährige sei geisteskrank. Die Norweger trauern weiter um die 76 Getöteten – Ministerpräsident Jens Stoltenberg spricht von einer Zeit des Beistands und des Trostes.

Oslo/Hamburg. Der Attentäter Anders Behring Breivik hat nach Überzeugung des norwegischen Geheimdienstes PST auf eigene Faust und mit Berechnung getötet. Für seine Behauptung, gewaltbereite Komplizen in Norwegen und im Ausland zu haben, fehlt noch immer jeder Beweis. Zugleich wies PST-Chefin Janne Kristiansen Vermutungen von Breiviks Anwalt Geir Lippestadt zurück, der 32-Jährige sei geisteskrank. Die Norweger trauern weiter um die 76 Getöteten – Ministerpräsident Jens Stoltenberg spricht von einer Zeit des Beistands und des Trostes.

Dem britischen Sender BBC sagte Kristiansen am Mittwoch in Oslo: „Breivik hat allein gehandelt.“ Sie begreife ihn „als zurechnungsfähige Person, denn er hat sich für eine sehr lange Zeit auf eine Sache konzentrieren können“. Mehrere norwegische Zeitungen zitierten die Geheimdienstchefin zudem mit der Äußerung: „Dies ist ein einsamer Wolf, der unter alle unsere Radarsysteme schlüpfen konnte.“

Stoltenberg kündigte eine „umfassende Aufarbeitung“ der Umstände bei den Anschlägen am vergangenen Freitag in Oslo und auf der Insel Utøya an. Bei dem Bombenanschlag im Regierungsviertel waren acht Menschen getötet worden. Auf der kleinen Insel hatte Breivik eine Stunde mit einem Schnellfeuergewehr und einer Pistole 68, meist junge Teilnehmer eines Sommercamps der Arbeiterpartei erschossen.

Vor Auslandsjournalisten sagte Sozialdemokrat Stoltenberg, diese Zeit sei aber noch nicht gekommen. „Noch geht es darum, die Angehörigen der Opfer zu trösten und den vielen Verletzten beizustehen.“

Er habe viele wichtige Signale bekommen, dass Norwegen nach den Anschlägen „eine noch offenere und tolerantere Demokratie sein wird als vorher“. Als Beispiel nannte er, dass die politischen Parteien viele neue Mitglieder verzeichneten. „Es ist für uns klar, dass es in Norwegen eine Zeit vor und eine Zeit nach dem 22. Juli gibt.“ Der Regierungschef kannte mehrere Opfer des Massakers auf Utøya persönlich.

Der Attentäter hatte offensichtlich in einem Schützenclub trainiert. Der Osloer Pistolenclub teilte auf seiner Internetseite mit, dass Breivik von 2005 bis 2007 und erneut ab Juni 2010 Mitglied gewesen sei. Er habe an 13 Trainingseinheiten mit anderen sowie einem Wettbewerb teilgenommen, hieß es.

Erstmals berichtete ein Polizist von den Umständen der Festnahme. Nach einem Bericht der Nachrichtenagentur NTB gehörte der örtliche Polizist Jacob Bærtnes zu einer Gruppe mit acht Beamten der Elite-Einheit „Delta“, die eine Stunde nach dem ersten Alarm auf der Insel im Tyrifjord angekommen waren.

„Wir rufen, dass wir bewaffnete Polizei sind, um die Aufmerksamkeit auf uns zu richten. Wir müssen durch dichtes Gebüsch, so dass wir uns nur schwer eine Übersicht verschaffen können“, sagte er. „Aber dann geht das Ganze in Baumgebiet über, und plötzlich steht der Täter mit hoch über den Kopf erhobenen Armen vor uns. Er wird ganz normal festgenommen. Die Waffen liegen 15 Meter hinter dem Täter.“ Zu Aktionen danach wollte Bærtnes nichts sagen.

Auf dem Bauernhof von Breivik hatte die Polizei am Dienstag weiteren Sprengstoff kontrolliert explodieren lassen. Die Farm rund160 Kilometer nördlich von Oslo sei von Breivik angemietet gewesen.

Geheimdienstchefin Kristiansen, die selbst als Anwältin gearbeitet hatte, sagte der BBC weiter: „Er hat alles so richtig gemacht. Und nach meiner Erfahrung mit dieser Art Klienten sind sie völlig normal, auch wenn sie im Kopf ziemlich verquer sind. Und diese Person ist außerdem total böse.“

Breiviks Anwalt Geir Lippestad hatte am Dienstag erklärt, er halte seinen Mandanten für geisteskrank. Dazu sagte Kristiansen, Lippestad sei kein Psychiater, „und das bin ich auch nicht“. Der Attentäter soll demnächst im Ila-Gefängnis westlich von Oslo von zwei Rechtspsychiatern untersucht werden.

Der 32-Jährige hatte bei Verhören und vor dem Haftrichter behauptet, er habe Verbindung zu zwei „Zellen“, die zur Ausführung weiterer Anschläge bereit seien. Kristiansen bestätigte, dass man dies weiter „mit höchster Intensität“ überprüfe. Es gebe aber keine Indizien. Die Behauptungen Breiviks entstammten wahrscheinlich seinem Wunsch, „weiter im Zentrum der Aufmerksamkeit zu bleiben“.

Breivik will den Bombenanschlag in Oslo und das Massaker auf der Insel Utøya über neun Jahre vorbereitet haben. Er wurde Dienstagabend in die Anstalt Ila westlich von Oslo für eine zunächst achtwöchige Untersuchungshaft gebracht.

Er wird in einer sieben Quadratmeter großen Zelle rund um die Uhr überwacht, um einen Selbstmord auszuschließen. Die ersten vier Wochen der Untersuchungshaft muss er mit fast kompletter Kontaktsperre verbringen.

Die norwegische Geheimdienstchefin bestätigte eine enge Zusammenarbeit mit dem britischen Geheimdienst MI5 wegen angeblicher Kontakte Breiviks mit rechtsradikalen Gruppen auf der Insel. Auch dazu gebe es bisher keine Erkenntnisse.