Noch mehr Offenheit sei der richtige Schritt, um den Anschlägen zu begegnen, sagte der norwegische Ministerpräsident Stoltenberg.

Oslo. Norwegen will auf die Anschläge mit noch mehr Offenheit und Demokratie antworten. Die Bevölkerung werde sich verteidigen, indem sie zeige, dass sie keine Angst vor Gewalt habe, sagte der norwegische Ministerpräsident Jens Stoltenberg am Mittwoch. Die Antwort Norwegens auf die Anschläge sei ein Mehr an Demokratie.

„Es ist absolut möglich, eine offene, demokratische und alle Menschen einschließende Gesellschaft zu haben, und gleichzeitig Sicherheitsmaßnahmen umzusetzen und nicht naiv zu sein“, sagte Stoltenberg. Einige Regierungsmitarbeiter wollten am Mittwoch in ihre Büros im Zentrum Oslos zurückkehren, wo die Bombe am Freitag schwere Schäden angerichtet hatte.

Stoltenberg verteidigte erneut die Arbeit der Polizei gegen Kritik. Das tat auch der Einsatzleiter des norwegischen Sonderkommandos, dem vorgeworfen worden war, bei dem Massaker auf der Insel Utöya zu spät eingegriffen zu haben. Anders Snortheimsmoen sagte am Mittwoch, dass das eigentlich für die Überfahrt auf die Insel vorgesehene Boot zwar wegen eines Schadens ausgetauscht werden musste. Die Beamten seien aber rasch auf ein besseres Boot ausgewichen, Zeit habe das keine gekostet. Sein Team sei zur selben Zeit am Hafen eingetroffen wie die örtliche Polizei.

Justizminister Knut Storberget, der bereits am Dienstag die Polizeiarbeit gegen Kritik verteidigt hatte, lobte abermals den Einsatz der Sondereinheit. Durch ihre Hilfe habe ein größere Tragödie verhindert werden können.

Die Insel liegt 40 Kilometer von Oslo entfernt. Die Polizei benötigte 90 Minuten, um dorthin zu gelangen. Als die Sicherheitskräfte eintrafen, war bereits ein Pressehubschrauber vor Ort. Ein Kameramann des Senders NRK, der Videoaufnahmen des Massakers machte, sagte der Nachrichtenagentur AP, sein Hubschrauber sei zwischen 18.00 und 18.10 Uhr eingetroffen. Die Polizei traf nach eigenen Angaben um 18.25 Uhr auf der Insel ein. Die Besatzung des einzigen Hubschraubers, der ihr zur Verfügung stand, befand sich in Urlaub.

SMS-Protokoll erzählt von schockierenden 75 Minuten

Eine teilweise Räumung des Osloer Hauptbahnhofs wegen eines verdächtigen Koffers versetzte viele Norweger fünf Tage nach den Anschlägen am Mittwoch kurzzeitig erneut in Schrecken. Sprengstoff wurde dort nach Polizeiangaben aber nicht entdeckt, und der Bahnhof wurde wieder freigegeben. Laut einem Bericht der Nachrichtenagentur NTB hatte ein Busfahrer Alarm geschlagen. Er habe beobachtet, wie ein Fahrgast den Koffer abstellte und eilig in den Bahnhof ging.

Die Polizei hatte außerdem am Dienstag mit der Veröffentlichung der ersten Namen der Opfer des Bombenattentates in Oslo und des Massakers auf der Insel Utöya begonnen. Die dänische Regierung bestätigte am Mittwoch, dass auch eine Dänin auf der Insel ums Leben gekommen sei. Die 43-jährige Frau – das erste offiziell bestätigte ausländische Opfer – hatte auf Utöya als Erste-Hilfe-Schwester gearbeitet. Eine ihrer Töchter, die ebenfalls auf der Insel war, überlebte das Blutbad. Norwegische Medien veröffentlichten Fotos von anderen Opfern, von denen einige offenbar aus dem arabischen Raum stammten.

Auf dem Bauernhof des mutmaßlichen Attentäters brachte die Polizei am Dienstag Sprengstoff zur Explosion, wie die Nachrichtenagentur NTB berichtete. Anders Behring Breivik hatte den Hof etwa 160 Kilometer nördlich von Oslo nach eigenen Angaben gepachtet, um unauffällig mehrere Tonnen Kunstdünger kaufen zu können. Dünger war einer der Bestandteile, die bei der Bombenexplosion in der Hauptstadt am Freitag verwendet wurden. Bei den beiden Anschlägen wurden insgesamt mindestens 76 Menschen getötet.

Der 32-jährige Breivik hat den Doppelanschlag in Oslo und auf ein Jugendlager auf Utöya gestanden, weist aber zurück, strafbar gehandelt zu haben. (dapd)