Nach Demonstrationen gegen Assad seien Dutzende Männer willkürlich festgenommen und anschließend im Gefängnis gefoltern worden.

Beirut. Syrische Sicherheitskräfte haben nach Angaben von Amnesty International bei der Niederschlagung von Protesten Verbrechen gegen die Menschlichkeit begangen. Die Organisation erklärte am Mittwoch in einem Bericht, in der Stadt Tel Kalach seien im Mai neun Regierungskritiker kurz nach ihrer Festnahme im Gefängnis zu Tode gekommen. Nach weitgehend friedlichen Demonstrationen gegen Präsident Baschar al-Assad seien in der Stadt Dutzende Männer zunächst völlig willkürlich festgenommen und anschließend im Gefängnis gefoltert worden, darunter auch bereits verletzte Demonstranten. Die Organisation forderte den UN-Sicherheitsrat auf, den Fall vor den Internationalen Strafgerichtshof (ICC) zu bringen. "Selbst Verwundete wurden festgenommen und gefoltert. Mehrere Tausend mussten in Angst um ihr Leben in den Libanon fliehen. Teilweise schossen Scharfschützen auf die Flüchtenden“, sagte Wolfgang Grenz, AI-Generalsekretär in Deutschland.

"Nach Auffassung von Amnesty International handelt es sich bei diesen Verbrechen, die in Tel Kalach begangen wurden, um Verbrechen gegen die Menschlichkeit, weil sie offenbar Teil eines breit angelegten, systematischen Angriffs auf die Zivilbevölkerung sind“, erklärte Amnesty. In dem Bericht stützt sich die Organisation auf Aussagen von syrischen Flüchtlingen im Libanon sowie auf Telefonate mit Regimeopfern in Syrien selbst.

"Die meisten in diesem Bericht aufgeführten Verbrechen fallen in den Verantwortungsbereich des Internationalen Strafgerichtshofs“, sagte der Leiter der Nahost-Sektion von Amnesty, Philip Luther. Der UN-Sicherheitsrat müsse den Fall daher an den Ankläger des ICC weiterleiten. Dies gilt allerdings als unwahrscheinlich, weil die Veto-Mächte Russland und China seit mehreren Wochen eine auch von Deutschland eingebrachte Resolution blockieren, mit der die syrische Führung für das Vorgehen der Sicherheitskräfte gegen die Demonstranten im ganzen Land verurteilt werden soll.

Seit Beginn der Proteste in Syrien sind nach Angaben von Menschenrechtsgruppen mindestens 1300 Demonstranten getötet worden. Nach Angaben der Behörde wurden zudem 500 Soldaten und Polizisten durch "bewaffnete Banden“ getötet. Zuletzt gingen die Sicherheitskräfte verschärft gegen Demonstranten in der Stadt Hama vor, wo nach Augenzeugenberichten 14 Menschen erschossen wurden. Da die meisten ausländischen Korrespondenten des Landes verwiesen wurden, ist eine Überprüfung der Berichte aus Syrien schwierig. (rtr/dapd)