Rund 2000 Protestler durchbrachen in Algier eine Polizeiabsperrung, um ihren Marsch durch die Innenstadt wie geplant abzuhalten.

Algier. In der algerischen Hauptstadt Algier haben am Sonnabend mehrere Tausend Menschen gegen die Regierung protestiert. Das teilten die Organisatoren der Protestaktion mit. Hunderte Polizisten waren vor Ort. Sie blockierten Straßen und griffen Demonstranten an, um sie davon abzuhalten, in die Innenstadt zu gelangen. Der Protest war unter dem seit langem geltenden Ausnahmezustand verboten.

Die Demonstranten riefen „Nein zum Polizeistaat“ und „Bouteflika raus“, in Anspielung auf den algerischen Präsidenten Abdelaziz Bouteflika, der das Land seit 1999 regiert.

Zu dem Protest hatten Oppositionelle, Menschenrechtsgruppen, Gewerkschaften, Studenten und Arbeitslose aufgerufen. Sie fordern die Aufhebung des Ausnahmezustands, die Zulassung neuer politischer Parteien und mehr Transparenz.

Vor der Protestaktion waren Busse und Kleintransporter voller Sicherheitskräfte an strategisch wichtigen Punkten rund um Algier und entlang der Route postiert worden, auf der die Regierungsgegner trotz des Verbots demonstrieren wollten.

Ägypten und Tunesien als Vorbild

Der Erfolg der Protestbewegung in Ägypten und der Sturz des tunesischen Staatschefs Zine El Abidine Ben Ali im benachbarten Tunesien haben der algerischen Opposition und ihrer Forderung nach politischen Reformen neuen Auftrieb gegeben.

Am 22. Januar war es zu Zusammenstößen zwischen der Polizei und Demonstranten gekommen, die für Versammlungsfreiheit auf die Straße gegangen waren. Die Demonstranten hatten die Abdankung von Präsident Bouteflika gefordert.

Wie in vielen anderen Ländern Nordafrikas gärt es auch in Algerien. Anfang Januar kam es zu Protesten gegen die heraufgesetzten Preise für Grundnahrungsmittel wie Milch, Zucker und Mehl sowie die anhaltend hohe Arbeitslosigkeit. Zwei Demonstranten wurden getötet. In dieser Woche traten Mitarbeiter von Krankenhäusern und Bankangestellte in den Streik.

Der Ausnahmezustand wurde verhängt, als das nordafrikanische Land Anfang der 90er Jahre in einem Bürgerkrieg zwischen militanten Islamisten und Regierungstruppen zu versinken drohte. Bis zu 200.000 Menschen kamen damals ums Leben. Die Gewalt hat in den vergangenen Jahren jedoch nachgelassen, Anschläge gibt es nur noch sporadisch.

Teilnehmer durchbrechen Polizeisperren

Rund 2000 Protestteilnehmer durchbrachen auf dem Platz des 1. Mai eine Polizeiabsperrung, um ihren Marsch durch die Innenstadt wie geplant abzuhalten. Die Sicherheitskräfte hatten versucht, die Kundgebung mit einem Großaufgebot zu verhindern und mehrere Teilnehmer festgenommen.

Zu dem Demonstrationszug hatte die Nationale Koordinierung für den Wandel und die Demokratie (CNCD) aufgerufen, ein Bündnis aus Oppositionsparteien, unabhängigen Gewerkschaften und zivilgesellschaftlichen Akteuren. Die Behörden untersagten den Protestmarsch aber. In der Stadt waren 30.000 Sicherheitskräfte im Einsatz, entlang der geplanten Demonstrationsroute waren hunderte gepanzerte Fahrzeuge und Wasserwerfer aufgestellt. Bereits vor dem Beginn der Kundgebung wurden einige Teilnehmer festgenommen, darunter ein Abgeordneter der Oppositionspartei RCD, wie Augenzeugen und ein AFP-Korrespondent berichteten.

Wie in zahlreichen anderen arabischen Staaten auch hatten in Algerien zu Jahresbeginn viele Menschen gegen hohe Lebenshaltungskosten und Arbeitslosigkeit protestiert, bei den Protesten kamen fünf Menschen ums Leben. Am Freitag gingen die Sicherheitskräfte in Algier mit Gewalt gegen eine spontane Freudenfeier zum Rücktritt von Ägyptens Staatschef Husni Mubarak vor, nach Oppositionsangaben wurden dabei mehrere Menschen verletzt und rund ein Dutzend weitere festgenommen.