Antiterror-Spezialisten sehen al-Qaida hinter den geplanten Anschlägen in Europa. Zeitgleiche Terrorschläge seien typisch für die Gruppe.

Washington. Steckt Osama bin Laden hinter den kürzlich bekannt gewordenen Anschlagsplänen auf Ziele in Europa? Dies behaupten zumindest Antiterror-Spezialisten der USA. Mehrere zeitlich koordinierte Anschläge, die in Großbritannien, Frankreich und Deutschland stattfinden sollten, seien typisch für al-Qaida.

Unklar sei aber noch, wie die Anführer die Anschläge koordinieren wollten, sagte ein US-Geheimdienstmitarbeiter. Es wird vermutet, dass sich Bin Laden und andere al-Qaida-Anführer in Pakistan versteckt halten.

Im Mittelpunkt der von der Terrorgruppe al-Qaida geplanten Anschlagsserie in mehreren europäischen Städten sollten nach pakistanischen Berichten acht Deutsche und zwei Briten stehen. Die Verdächtigen hätten sich mit Bekannten in Europa in Verbindung gesetzt, um die Logistik zu planen. Einer der Briten sei kürzlich bei einem vom US-Geheimdienst CIA ausgeführten Raketenangriff getötet worden.

Bin Laden wandte sich außerdem in seiner ersten Botschaft seit März an seine Anhänger und forderte die Schaffung einer kapitalkräftigen Organisation, die von Naturkatastrophen betroffenen und armen Muslimen helfen soll. Vor dem Hintergrund der verheerenden Überflutungen in Pakistan warf er den Regierungen islamischer Länder vor, mehr Geld für ihre Streitkräfte als für Opfer von Naturkatastrophen auszugeben. Außerdem rief der Top-Terrorist seine Glaubensbrüder diesmal nicht zum „Heiligen Krieg gegen die Ungläubigen“ auf, sondern zu Ackerbau und Viehzucht.

In der rund elf Minuten langen Aufnahme beklagt der Sprecher, dessen Stimme klingt wie die Stimme von Bin Laden in früheren Videoaufnahmen, die Gefahren durch den Klimawandel und die drohende Verknappung von Nahrungsmitteln. Er kritisiert, dass die Muslime im Sudan riesige fruchtbare Flächen brachliegen ließen, anstatt sie für die Landwirtschaft zu nutzen. „Die Händlerfamilien sollten einige ihrer Söhne abstellen für die Nothilfe und die Landwirtschaft“, schlägt er vor.

Zum zweiten Mal binnen einen Jahres wich er damit von seiner üblichen Anschlagsrhetorik ab und sprach globale Themen an.

„Der gewaltige Klimawandel betrifft unsere (islamische) Nation und verursacht große Katastrophen in der gesamten islamischen Welt“, hieß es in einer am Freitag im Internet veröffentlichten Botschaft, die Bin Laden zugeschrieben wurde. Zugleich beklagte er die schleppenden Hilfen für die Flut-Opfer in Pakistan. Millionen Kinder hätten kein Dach über dem Kopf, die bisherigen Bemühungen reichten nicht aus. Die Menschen bräuchten dringend Zelte, Nahrungsmittel und Medizin, hieß es in dem Video weiter, das neben der Bin Laden zugeschriebenen Tonspur Standbilder von ihm und Umweltkatastrophen zeigte.

Das Tonband, in dem bin Laden auch über die Jahrhundertflut spricht, die Pakistan diesen Sommer heimgesucht hatte, könnte vor etwa zwei Monaten aufgenommen worden sein. Der Ägypter Eiman al-Sawahiri, der als Nummer Zwei an der Spitze des al-Qaida-Netzwerkes gilt, hatte erst vor rund zwei Wochen eine Audiobotschaft veröffentlicht, in der auch er über die Flut in Pakistan sprach. Anschließend waren Gerüchte aufgekommen, Al-Sawahiri sei jetzt häufiger zu hören, weil bin Laden bei den Überschwemmungen in Pakistan ums Leben gekommen sein. Der Inhalt der beiden Botschaften von Bin Laden und Al-Sawahri deutet darauf hin, dass bin Ladens Tonband früher aufgenommen worden war, als das Band seines Stellvertreters. Die Echtheit der etwa elfminütigen Botschaft konnte zunächst nicht bestätigt werden.