Sondergesandter fordert Regime zur Niederlegung der Waffen auf. Erneut Tote in ganz Syrien. Belgien schließt Botschaft in Damaskus.

Beirut. Inmitten neuer heftiger Gefechte in ganz Syrien hat der Uno-Sondergesandte Kofi Annan die Regierung des Landes aufgefordert, als erste Konfliktpartei die Waffen niederzulegen. «Wir bitten die stärkere Partei um eine Geste des guten Willens», sagte Annans Sprecher Ahmad Fawzi am Freitag in Genf. «Die Frist läuft jetzt aus.»

Doch ungeachtet des Aufrufs zur Waffenruhe kam es nach Angaben von Aktivisten in mehreren Teilen Syriens zu neuen Kämpfen zwischen Truppen des Regimes und Rebellen. Bei den Gefechten in einem Vorort von Damaskus, der nördlichen Provinz Idlib, der Unruheregion Homs und im Osten Syriens seien insgesamt 15 Menschen getötet worden, berichteten die Örtlichen Koordinationskomitees. Alleine in der Stadt Kurija in der östlichen Provinz Deir el Sur seien acht Personen ums Leben gekommen, als Sicherheitskräfte das Feuer auf Demonstranten eröffneten und es anschließend zu Schießereien mit den Rebellen gekommen sei.

Auch aus der Umgebung von Damaskus meldeten die Koordinationskomitees und das Syrische Observatorium für Menschenrechte, eine zweite Aktivistengruppe, Kämpfe zwischen Regierungssoldaten und Deserteuren. In der Hauptstadt selbst kam demnach mindestens ein Mensch ums Leben, als Truppen des Regimes im Viertel Kafar Suse auf Demonstranten schossen. Nach den Freitagsgebeten füllten sich auch in vielen anderen Teilen des Landes die Straßen mit Demonstranten, die einen Rücktritt von Präsident Baschar Assad forderten. Viele protestierten auch gegen die auf dem Gipfel der Arabischen Liga am Donnerstag verabschiedete Resolution, in dem sie zum Dialog zwischen Regierung und Opposition aufruft, nicht aber zum Rücktritt Assads.

Assad pöbelt gegen Gipfel der Arabischen Liga

Schwere Gefechte vor Damaskus - Annan in China eingetroffen

Annan: Syrisches Volk muss über Assad entscheiden

Auf anderer Ebene wird ebenfalls nach einer Lösung der Syrien-Krise gesucht. Am Wochenende kommen in Istanbul wieder Vertreter von 60 Nationen zum Treffen der sogenannten «Freunde Syriens» zusammen. Im Vorfeld reiste US-Außenministerin Hillary Clinton nach Saudi-Arabien, um gemeinsam mit König Abdullah über eine Syrien-Strategie zu beraten. Assad hatte den vom Sondergesandten Annan entworfenen Friedensplan angenommen, ohne dass die Kämpfe in Syrien seitdem nachgelassen hätten. Annan bekräftigte seine Zustimmung zu dem Plan am Donnerstag noch einmal, betonte aber, Annan müsse auch die Zusage der bewaffneten Gruppen einholen, ihre «terroristischen Akte» gegen die Regierung einzustellen.

China stellte sich am Freitag in dieser Forderung hinter Assad und forderte die bewaffnete Opposition in Syrien zur Einstellung ihrer Angriffe auf. Ein Sprecher des Außenministeriums in Peking erklärte, die syrische Opposition müsse so schnell wie möglich die Voraussetzungen für Gespräche schaffen und die Gewalt stoppen. China unterstützt den Friedensplan Annans, hat allerdings auch betont, es dürfe keine Einmischung von außen geben. Der Plan sieht unter anderem eine tägliche zweistündige Feuerpause vor, um humanitäre Hilfe zu erlauben. Annan fordert darin aber auch eine komplette Waffenruhe.

Wegen der anhaltenden Gewalt und Sicherheitsbedenken hat auch Belgien seine Botschaft in Syrien geschlossen. Das Außenministerium in Brüssel erklärte am Freitag, die demokratischen Hoffnungen des syrischen Volkes seien im vergangenen Jahr nur «mit wachsender Unterdrückung und täglicher Gewalt» beantwortet worden. Die Vertretung des Landes werde auf einen Geschäftsträger reduziert, der von der Mission der Europäischen Union aus sein Amt wahrnehmen werde. In dem inzwischen seit mehr als einem Jahr anhaltenden Konflikt wurden nach Schätzungen der Vereinten Nationen bislang mehr als 9.000 Menschen getötet. (dapd/abendblatt.de)