Geheimdienste vermuten islamistische Provokateure im Zusammenhang mit Koranschändung

Washington/Berlin. Vertreter westlicher Geheimdienste vermuten die Taliban als Provokateure der Koranschändung auf dem amerikanischen Luftwaffenstützpunkt Bagram nordöstlich der afghanischen Hauptstadt Kabul. „Wir vermuten jetzt, dass die Taliban geschickt diesen gefährlichen Zwischenfall provoziert und eingefädelt haben, um die Stimmung am Hindukusch noch weiter gegen die ISAF-Truppen aufzuheizen“, sagte am Freitag ein CIA-Vertreter der Nachrichtenagentur dapd in Washington.

Die Vermutungen gehen nach Angaben des Experten dahin, dass Provokateure der Taliban amerikanische Soldaten dazu gebracht haben, „aus Wut“ über die Islamisten Exemplare des Koran zu verbrennen. Danach hätten diese Spione dafür gesorgt, dass afghanische Arbeiter die verbrannten Reste der Koranausgaben im abtransportierten Müll entdecken. Ein Koranbuch zu beschädigen oder zu vernichten, gilt im Islam als Todsünde.

In Bagram befindet sich ein großes Internierungslager für Taliban-Kämpfer. Es wird von den Geheimdienstlern nicht ausgeschlossen, dass sich in den Koranbüchern auch geheime Botschaften zwischen den afghanischen Gefangenen befanden, die die US-Soldaten beseitigen wollten. „Möglicherweise werden wir nie dahinterkommen, wie die Taliban diese für die ISAF und alle anderen westlichen Angehörigen am Hindukusch lebensgefährliche Entwicklung fingern konnten“, sagte ein CIA-Mann. Es stehe jedoch fest, dass der Anführer der Taliban, Mullah Omar, den Befehl zu dem Coup in Bagram aus seinem pakistanischen Versteck erteilt habe.

Omar hat angesichts der Schändung der Koranexemplare die Taliban-Kämpfer aufgefordert, „alle ISAF-Soldaten und alle westlichen Bürger auf dem für die Afghanen geheiligten Boden des Hindukusch jetzt ohne jede Rücksicht zu verfolgen und zu töten“. Omar hat nach Informationen des afghanischen Geheimdienstes NDS das „nahe Ende der widerwärtigen Fremdherrschaft“ angekündigt. Die ISAF-Truppen würden schon vor dem von ihnen ankündigten Rückzug 2014 Afghanistan „verlassen haben“, hat Omar in seiner geheimen Botschaft verkündet.

Omar soll nach den Angaben der Geheimdienstler die Angehörigen der afghanischen Sicherheitskräfte von Armee und Polizei aufgerufen haben, sofort zu desertieren. Jedem der Deserteure habe er einen „finanziellen Willkommensgruß“ versprochen. Die Fahnenflüchtigen würden als Helden gefeiert. Sie seien von „großer Bedeutung“ für die Zukunft Afghanistans, habe Omar in seiner Botschaft unterstrichen, hieß es aus NDS-Kreisen.

„Tapfere afghanische Muslime sollen wegen der Koranverbrennung jeden ISAF-Stützpunkt angreifen und die Soldaten vernichten“, habe Omar erklärt. Afghanen sollten Ausländer „schlagen, fangen und töten, damit diese lernten, den Koran nie wieder zu schänden“. Bei den ISAF-Offizieren in Kabul wurde die Entwicklung am Freitag als ser gefährlich eingeschätzt. Unter den ISAF-Soldaten mache sich langsam eine Stimmung breit, die an Parolen erinnere wie „nix wie weg aus Afghanistan“.

Deutsche Sicherheitskreise wiesen in Berlin darauf hin, dass die jetzt sich anbahnende Entwicklung auch für Deutschland zu größter Wachsamkeit führen müsse. Nach der Veröffentlichung der Mohammed-Karikaturen des dänischen Zeichners Kurt Westergaard wurden von den Muslimen im Herbst 2005 weltweit Proteste und Unruhen ausgelöst, die viele Todesopfer forderten.

Am 31. Juli 2006 entging Deutschland nur knapp einer schweren Anschlag, als die beiden so genannten Kofferbomber von Köln, die Libanesen Jihad H. und Youssef el H., aus Protest gegen die Mohammed-Karikaturen in zwei Regionalzügen Sprengsätze deponiert hatten. Sie waren auf dem Kölner Hauptbahnhof nur wegen eines technischen Fehlers nicht explodiert.