Mit Koran-Verbrennungen wird das Land destabilisiert

Amerika ist ein großes und freies Land. Wenn dort ein fragwürdiger Prediger meint, einen Koran in Flammen aufgehen lassen zu müssen, kann ihm nur gut zugeredet werden, diesen brandgefährlichen Blödsinn zu lassen. Juristisch zu verhindern ist das nicht. Und so geschah es im April vergangenen Jahres in Florida. Die Folge waren Unruhen vor allem in Afghanistan mit zahlreichen Toten.

Wenn jetzt US-Soldaten auf ihrem Stützpunkt im afghanischen Bagram gleich Dutzende Exemplare der Heiligen Schrift der Moslems verbrennen, sind die rechten Worte schwer zu finden. Die fremden Soldaten sollten nicht nur al-Qaida und Taliban besiegen, sie sollten dem Land auch Stabilität bringen und es zumindest für Demokratie empfänglich machen. Das gelingt schwerlich, wenn immer wieder zivile Opfer bei Einsätzen zu beklagen sind, und es wird unmöglich, wenn ihre kulturellen und religiösen Gefühle derart mit Füßen getreten werden. Seit mittlerweile zehn Jahren sind die US-Truppen nun in jenem Land, dessen Charakter ihnen bis heute offenbar verschlossen oder schlicht egal blieb. Jetzt eilig angeordnete Schulungen der GIs über den rechten Umgang mit dem Koran kommen zu spät. Sie hätten schon vor dem Abflug der Soldaten in das ferne Land erfolgen müssen und nicht jetzt, da deren Abzug bereits begonnen hat. Die aufgebrachte Menge, deren Gewaltausbrüche gewiss auch keine akzeptable Reaktion darstellen, können sie auch nicht mehr beruhigen.

Nun ist die Frage zu klären, inwieweit es sich um die Verfehlung einzelner Soldaten handelte, wo ihre Vorgesetzten waren, wie weit die Dummheit nach oben in der Befehlskette reicht und wer zur Verantwortung zu ziehen ist - falls sich das US-Militär dieses Mal zu Bestrafungen von Delinquenten durchringen kann. Ganz klar ist bereits, dass der Vorfall für die Taliban von unschätzbarem propagandistischem Wert ist und den Ruf des Westens im Lande endgültig ruiniert haben dürfte. Das ist das genaue Gegenteil des ursprünglichen Auftrags der Internationalen Stabilisierungstruppe für Afghanistan, kurz Isaf.