Nach Angaben Hamid Karsais befinden sich Afghanistan und die USA am Anfang von geheimen Friedensverhandlungen mit den Taliban.

Islamabad/Kabul/Washington. Afghanistan und die Vereinigten Staaten haben Geheimverhandlungen mit den Taliban begonnen. Das erklärte der afghanische Präsident Hamid Karsai in einem Interview mit dem amerikanischen "Wall Street Journal". Zwischen den Islamisten und der US-Regierung einerseits sowie der afghanischen Führung andererseits habe es erste bilaterale Kontakte gegeben. Zudem seien alle drei Seiten gemeinsam in Kontakt getreten. Karsais Regierung war von den ersten Gesprächen zwischen den Islamisten und den USA noch ausgeschlossen worden, weil sie das Kabinett für eine Marionette der Vereinigten Staaten halten. Die Taliban seien „definitiv“ daran interessiert, nach zehn Jahren Krieg in Afghanistan Frieden zu schließen, erklärte Karsai. Auch viele Taliban-Anhänger wollten nicht, dass die Afghanen litten. Weitere Details zu den Gesprächen wollte er nicht nennen, um den Prozess nicht zu gefährden.

+++Die Taliban bereiten die Machtübernahme vor+++

+++Enge Bande zwischen Pakistans Geheimdienst und Taliban+++

In dem am Mittwoch in Kabul geführten Interview machte Karsai keine Angaben dazu, wo die Gespräche stattfanden. Karsai sagte nur, die Kontakte seiner Regierung mit den Taliban hätten sich auch auf „die hochrangigsten von ihnen“ erstreckt. Karsai wird unter anderem mit Maulana Samiul Haq zusammentreffen, der als geistiger Vater der Taliban bekannt ist. Er leitet ein islamisches Seminar im Nordwesten Pakistans, eine Ausbildungsstätte für zahlreiche Talibanführer. Haq unterstützte zudem den Aufstand in Afghanistan und drängte die Führer Pakistans, Irans und Afghanistans zur Zusammenarbeit, um die von den USA geführten Truppen aus dem Land zu vertreiben.

Der afghanische Botschafter in Pakistan sagte dagegen, die Kontakte zwischen Afghanistan und den Taliban befänden sich erst in einem Stadium der Sondierung auf unterster Hierarchie-Ebene. Von wirklichen Gesprächen können noch nicht die Rede sein. Regierungsvertretern zufolge drücken die USA angesichts des anvisierten Abzugs internationaler Truppen in den Verhandlungen mit den Taliban aufs Tempo. Sie hoffen, beim Nato-Gipfel im Mai die Aufnahme ernsthafter Friedensgespräche verkünden zu können.

+++US-Kampftruppen ziehen schon 2013 aus Afghanistan ab+++

Am Donnerstag traf Karsai in Islamabad seinen pakistanischen und seinen iranischen Kollegen, Asif Ali Zardari und Mahmud Ahmadinedschad. Themen des Dreier-Gipfels waren der Taliban-Aufstand und die mutmaßliche Unterstützung der Extremisten durch Pakistan und den Iran. Große Fortschritte wurden bei dem Gipfel in Islamabad allerdings nicht erwartet. Überschattet wurde das Treffen von den erneut wachsenden Spannungen zwischen dem Iran und dem Westen wegen des umstrittenen Atomprogramms der Islamischen Republik. Diplomaten und politische Beobachter warnten davor, dass der Iran seine Hilfe für die Taliban verstärken könnte, um den Druck auf die US-Truppen in Afghanistan zu erhöhen.

Der iranische Präsident wird die Gespräche aller Voraussicht nach auch dazu nutzen, um über eine geplante Erdgas-Pipeline vom Iran nach Pakistan zu sprechen. Trotz US-Sanktionsdrohungen aufgrund des Atomprogramms haben die Pakistaner zugesagt, angesichts akuter Gasengpässe das Projekt weiter voranzutreiben.

Vor dem Gipfel in Islamabad sagte Karsai dem „Wall Street Journal“, Pakistans Kooperation würde Verhandlungen „für uns, für die Taliban und für die USA“ einfacher machen. Auf eine entsprechende Frage sagte Karsai in dem Interview, er hoffe, dass der pakistanische Militärgeheimdienst ISI bereit dazu sei, Aufständische in Afghanistan nicht mehr zu unterstützen. Mehr als „Hoffnungen“ habe er hinsichtlich der Kooperation Pakistans aber weiterhin nicht. Der ISI dementiert regelmäßig, dass er afghanische Aufständische unterstützt.

Die afghanische Regierung und auch westliche Staaten bemühen sich seit langem darum, die Taliban an den Verhandlungstisch zu bekommen. Als Fortschritt galt, dass sich alle Seiten auf die Eröffnung eines Kontaktbüros der Taliban im Golfemirat Katar einigten.Uno-Generalsekretär Ban Ki Moon richtete sich unterdessen auf einer internationalen Konferenz in Wien gegen den Drogenhandel in Afghanistan. Das Land werde ökonomisch nicht stabil sein, solange die Opium-Produktion dort die „einzige rentable Wirtschaftsaktivität“ sei, sagte Ban auf dem Treffen, das sich mit der Produktion und dem Handel von Rauschgift am Hindukusch befasste.

Mit Material von dpa/dapd/rtr