Nach dem Tod des polnischen Präsidenten Lech Kaczynski und weiterer Spitzenpolitiker ist ganz Polen in Trauer. Auch in der Nacht zum Sonntag kamen immer wieder Menschen zum Präsidentenpalast. Heute gedenkt Polen mit zwei Schweigeminuten der Opfer des Flugzeugabsturzes.

Warschau/Smolensk. Nach dem Tod von Präsident Lech Kaczynski bei einem tragischen Flugzeugunglück steht Polen unter Schock: Zehntausende Menschen versammelten sich am Sonnabendabend in Warschau vor dem Präsidentenpalast, landesweit wurden Gottesdienste abgehalten. Auf dem Weg zu einer Gedenkveranstaltung in Katyn war die Präsidentenmaschine am Morgen mit 97 Menschen an Bord, darunter ein Großteil der polnischen Führungselite, abgestürzt.

1. WIE DER ABSTURZ SICH EREIGNET HABEN SOLL

2. PORTRÄT LECH KACZYNSKI

3. KANZLERIN ANGELA MERKEL ZUM ABSTURZ

4. WELTWEITE TRAUER UM KACZYNSKI

In der polnischen Hauptstadt waren die Straßen um den Präsidentenpalast und der nahegelegene große Pilsudski-Platz schwarz vor Menschen, die Kerzen entzündeten, Blumen niederlegten und die polnische Fahne schwenkten. Viele stimmten die Nationalhymne an. „Er war unser Präsident, unabhängig von unseren Meinungen“, sagte Malgorzata Blasik, eine Frau in den 30ern, die nach eigenen Angaben keine Anhängerin von Kaczynskis rechtskonservativer Politik war.

„Wir beten für unser Vaterland“, sagte der Kardinal Stanislaw Dziwisz bei einer Messe in der Kathedrale auf dem Wawel, der ehemaligen Residenz der polnischen Könige in Krakau. Er sprach den Angehörigen der Präsidentenfamilie sein Mitgefühl aus. In Warschau strömten Tausende zu einer Messe in der Militärkirche. Der Gottesdienst auf Leinwänden übertragen, da die Kirche nicht alle Besucher fassen konnte.

Die Regierung in Warschau ordnete eine einwöchige Staatstrauer an. Mit zwei Schweigeminuten will das Land am Sonntagmittag der Opfer gedenken, das Kabinett beraumte eine Sondersitzung an. Ministerpräsident Donald Tusk sagte seine Teilnahme am Gipfel für nukleare Sicherheit in Washington ab. „Die moderne Welt hat noch nie eine solche Tragödie erlebt“, sagte er, bevor er ins westrussische Smolensk aufbrach. Dort legte er gemeinsam mit dem russischen Ministerpräsidenten Wladimir Putin am Unglücksort Blumen nieder.

Der Zwillingsbruder des verunglückten Präsidenten, Ex-Regierungschef Jaroslaw Kaczynski, identifizierte die Leichname seines Bruders und seiner Schwägerin Maria, wie die russische Nachrichtenagentur RIA Nowosti berichtete. Alle Opfer wurden geborgen und mit zwei Hubschraubern nach Moskau geflogen, wo sie identifiziert werden sollten. Russland teile die Trauer der Polen, sagte Putin. Die Europäische Union will der Katastrophe am Montag mit zwei Schweigeminuten gedenken und in Brüssel alle Fahnen auf Halbmast setzen.

Von Seiten der russischen Behörden wurde ein Fehler des Piloten der polnischen Präsidentenmaschine für die Katastrophe verantwortlich gemacht. Der stellvertretende Generalstabschef der russischen Luftwaffe, Alexander Aljoschin, sagte im Fernsehen, die Piloten der Maschine hätten wiederholt die Anweisungen der Fluglotsen missachtet. Laut Interfax stürzte die Maschine beim vierten Landeversuch in dichtem Nebel ab. Mehr als 40 russische Experten waren am Unglücksort zur Spurensuche im Einsatz. Die beiden Flugschreiber wurden bereits gefunden.

Beim Absturz der polnischen Präsidentenmaschine, einer Tupolew-154, waren am Sonnabendvormittag nahe Smolensk im Westen Russlands alle 97 Insassen ums Leben gekommen. An Bord befanden sich Kaczynski und seine Frau Maria, der polnische Generalstabschef Franciszek Gagor, Nationalbankchef Slawomir Skrzypek, Vize-Außenminister Andrzej Kremer sowie zahlreiche Parlamentarier und nahezu die gesamte Führung der polnischen Armee. Die Delegation wollte an einer Gedenkfeier in Katyn teilnehmen, wo sowjetische Einheiten zu Beginn des Zweiten Weltkriegs etwa 22.000 Polen ermordet und verscharrt hatten.