Libyens Staatschefs Gaddafi hat zu einem Heiligen Krieg gegen die Schweiz aufgerufen. Die Uno ist empört, die Schweiz unbeeindruckt.

Zürich/Benghasi. Mit allen Mitteln sollen die Muslime in aller Welt gegen die Schweiz kämpfen, hatte der libyschen Staatschefs Muammar Gaddafi am Donnerstag gefordert. Die Schweiz nahm es gelassen hin. Die Regierung lehnte eine Stellungnahme ab und die Präsidentin des Außenausschusses im Berner Parlament, Christa Markwalder, sprach sich in der Zeitung „Der Bund“ dafür aus, nicht auf die Äußerungen zu reagieren. Gaddafis habe schließlich schon einmal in vergleichbarer Weise provoziert habe, als er sich dafür aussprach, die Schweiz aufzuteilen.

Gaddafi hatte die Schweiz als ein Land der Ungläubigen bezeichnet, in dem Moscheen zerstört würden. Dabei spielte er auf das kürzlich beschlossene Minarett-Verbot an. „Jeder Muslim in der Welt, der mit der Schweiz zusammenarbeitet, ist ein Abtrünniger und gegen (den Propheten) Mohammed, Gott und den Koran“, sagte er in Benghasi bei einer Versammlung zu einem religiösen Feiertag, an der auch zahlreiche Gesandte anderer muslimischer Länder teilnahmen. Die Muslime sollten überall in der islamischen Welt Schweizer Flugzeuge an der Landung und Schweizer Schiffe am Anlegen hindern sowie den Verkauf von Produkten aus dem Land stoppen. „Lasst uns kämpfen gegen die Schweiz, den Zionismus und ausländische Aggression“, sagte er.

Wie Markwalder maßen Fachleute Gaddafis Äußerungen nur begrenzte Bedeutung bei. Der Entwicklungsspezialist und frühere Politiker Jean Ziegler argumentierte laut „Bund“, die Äußerungen seien innenpolitische motiviert. Gaddafi markiere den harten Mann, um seinen pro-westlichen Sohn und designierten Nachfolger Saif al-Islam gegenüber der Opposition besser zu positionieren. Die Islamisten seien dagegen die Todfeinde Gaddafis.

Der Genfer Islam-Experte Hasni Abidi betonte, Muammar Gaddafi sei aus religiöser Sicht gar nicht berechtigt, zum Dschihad aufzurufen. Auch hätten die Worte des libyschen Machthabers kein Gewicht in der arabischen Welt, sagte der Leiter des Forschungszentrums für arabische Länder in Genf der Nachrichtenagentur SDA.

Die Vereinten Nationen (Uno) haben den Dschihad-Aufruf hingegen scharf kritisiert. Derartige Erklärungen eines Staatschefs seien „im Rahmen der internationalen Beziehungen inakzeptabel“, sagte der Uno-Generaldirektor Sergej Ordzhonikidse. Ein Sprecher der EU-Außenministerin Catherine Ashton sagte in Brüssel, die Äußerungen Gaddafis – wenn sie so stimmten – kämen „zu einem ungünstigen Zeitpunkt“, da Bern und Tripolis gerade dabei seien, ihre Differenzen beizulegen.

Die Beziehungen zwischen beiden Ländern sind seit fast anderthalb Jahren vom Streit über zwei Schweizer Geschäftsleute belastet. Sie waren im Juli 2008 in dem nordafrikanischen Land festgesetzt worden, nachdem Gaddafis Sohn Hannibal und dessen Frau kurzzeitig in Genf festgenommen worden waren. Er war beschuldigt worden, Hausangestellte misshandelt zu haben. Libyen bestreitet einen Zusammenhang zwischen beiden Vorgängen. Einer der beiden Geschäftsmänner durfte das Land kürzlich verlassen, der andere musste diese Woche eine viermonatige Haftstrafe antreten, nachdem Libyen erzwungen hatte, dass er die Schweizer Botschaft verließ.