Ein iranischer Atomwissenschaftler wurde durch eine Bombe getötet. Der Iran beschuldigt nun amerikanische und israelische Agenten.

Teheran. Iranische Medien haben den USA und Israel vorgeworfen, den Atomwissenschaftler Massud Ali-Mohammadi durch einen Bombenanschlag getötet zu haben. Er sei auf dem Weg zur Arbeit durch einen ferngezündeten Sprengsatz gestorben, meldete der staatliche Sender Irib ohne Angabe von Quellen. „Als Folge der von zionistischen und amerikanischen Agenten gelegten Bombe wurden zwei Autos und ein Motorrad schwer beschädigt und die Fenster in den umgebenden Wohngebäuden zerstört.“


Auf der Website des staatlichen Fernsehens hieß es mit Blick auf die USA, der Atomphysiker sei einem „Terroranschlag von Gegenrevolutionären und Elementen der Arroganz“ zum Opfer gefallen. Die Sicherheitskräfte hätten Ermittlungen aufgenommen. Die USA und Israel werden häufiger vom Iran beschuldigt, in Attacken gegen das Land verstrickt zu sein, ohne dass allerdings Beweise für die Anschuldigung vorgelegt würden.

Nach Medienberichten ereignete sich der Anschlag auf den Atomwissenschaftler Mohammadi heute Morgen in der Hauptstadt Teheran. Ein Sprengsatz, der an einem Motorrad angebracht war, detonierte in der Nähe seines Hauses. Der amtlichen Nachrichtenagentur Irna zufolge könnten noch weitere Menschen bei der Detonation getötet worden sein. Der Tatort im Norden Teherans wurde zur Spurensuche von der Polizei abgeriegelt. Anwohner berichteten, dass ihnen untersagt worden sei, vor Ende der Untersuchung ihre Häuser zu verlassen. Der getötete Physiker soll 50 Jahre alt gewesen und der Opposition nahe gestanden haben. Ob er am umstrittenen Atomprogramm seines Landes mitarbeitete, war zunächst nicht bekannt.

Die iranische Atompolitik wird im Westen mit Argwohn betrachtet. Vorwürfe, das Land strebe nach Atomwaffen, werden von der Regierung in Teheran allerdings immer wieder zurückgewiesen. Erst heute hat die Führung in Teheran der US-Regierung vorgeworfen, den Streit über das iranische Atomprogramm eskalieren zu lassen. Mit scharfen Worten wies sie Äußerungen des US- Militärs über „Notfallpläne“ für mögliche Militärschläge gegen iranische Nuklearanlagen zurück. „Das ist unverantwortlich, das Gegenteil der neuen Politik, die die neue US-Regierung verspricht, und stattdessen eine Rückkehr zu früheren Fehlern“, erklärte ein Sprecher des Teheraner Außenministeriums.

Auch innenpolitisch ist die Lage im Iran zurzeit angespannt. Nach der umstrittenen Wiederwahl von Präsident Mahmud Ahmadinedschad im Juni, war es immer wieder zu blutigen Zusammenstößen zwischen der Opposition und Sicherheitskräften gekommen. Die Opposition wirft der Regierung Wahlfälschungen vor.

Auch der jetzt getötete Atomforscher Mohammadi hatte sich bei der Präsidentenwahl im Juni offen für Oppositionsführer Mir Hossein Mussawi ausgesprochen. Sein Name erschien vor der Abstimmung auf reformorientierten Websites zusammen mit denen von rund 240 Hochschullehren, die den Herausforderer von Amtsinhaber Mahmud Ahmadinedschad unterstützten. Die Teheraner Universität, an der er unterrichtete, stand im Zentrum von Studentenprotesten gegen die Regierung.

Mohammadi ist nicht der erste Atomwissenschaftler, der in diesem Jahr getötet wurde. Im Juni verschwand ein iranischer Kernforscher während einer Pilgerreise nach Mekka. Bis heute ist ungeklärt, ob Schahram Amiri verschleppt wurde oder übergelaufen ist. Das iranische Außenministerium warf dem Westen vor, in seine Entführung verwickelt zu sein. Im Jahr 2007 starb ein iranischer Atomwissenschaftler an einer Gasvergiftung. Dass sein Tod erst nach einer Woche publik gemacht wurde, ließ Spekulationen über eine Beteiligung des israelischen Geheimdienstes laut werden.