Mindestens acht Menschen wurden am Wochenende im Iran getötet. Einen Tag nach den Unruhen lässt die Regierung Hunderte Kritiker verhaften.

Die Lage im Iran spitzt sich angesichts der anhaltenden Oppositionsproteste weiter zu. Der staatliche Sender Press TV berichtete unter Berufung auf den Nationalen Sicherheitsrat, dass bei den schweren Zusammenstößen am Sonntag mindestens acht Menschen getötet worden seien. Nach den Unruhen waren die Angaben über Todesopfer zunächst sehr unterschiedlich. Von bis zu 15 Toten war zeitweise die Rede. Überprüft werden konnten die Angaben nicht. Journalisten internationaler Nachrichtenmedien wurde es verboten, über die Kundgebungen zu berichten. Wie in der Vergangenheit bei ähnlichen Zusammenstößen wurde das Mobilfunknetz abgeschaltet und Internetleitungen gedrosselt.

Auch nach den blutigen Unruhen geht das Regime weiter mit aller Härte gegen seine Kritiker vor. Mindestens 300 Menschen seien nach Angaben von Press TV festgenommen worden. Zu ihnen sollen auch enge Berater von Oppositionsführer Mir Hussein Mussawi und der Führer der oppositionellen Freiheitsbewegung (FMI), Ebrahim Jasdi gehören. Jasdi war in der Anfangsphase der islamischen Revolution 1979 Außenminister und führte später jahrzehntelang die illegale, aber tolerierte säkulare Freiheitsbewegung an. Jasdi hat keine direkten Beziehungen zu der immer lautstärker werdenden Opposition um Mussawi, gehört aber auch zu den Gegnern von Präsident Mahmud Ahmadinedschad.

Auf mysteriöse Weise soll zudem der Leichnam des Neffen von Oppositionsführer Mir Hussein Mussawi verschwunden sein, wie der britische Sender BBC berichtete. Mussawis Bruder Sejed Resa Mussawi wurde von einer oppositionellen Webseite mit den Worten zitiert, der Leichnam sei aus dem Krankenhaus verschwunden und alle behaupteten, sie wüssten von nichts. Auf anderen Websites hieß es laut BBC, dass Sicherheitsbeamte die Leiche entwendet hätten, um so die Beerdigung und damit weitere Proteste zu verhindern. Auf der Webseite Mussawis hieß es nach Angaben der BBC, dass sein Neffe am Sonntag durch einen Schuss in den Rücken starb.

Die Demonstranten hatten am Wochenende das schiitische Aschura-Fest zu ihren Protesten gegen das Regime des erzkonservativen Präsidenten Mahmud Ahmadinedschad genutzt. Der Oppositionspolitiker Mahdi Karrubi verurteilte die Gewalt scharf. Er fragte in einer Erklärung, wie die Regierung ausgerechnet am höchsten schiitischen Feiertag, dem Aschura-Fest, das Blut des eigenen Volkes vergießen konnte. Sogar das Schah-Regime habe diesen heiligen Tag respektiert. Karrubi war neben Mussawi bei der umstrittenen Präsidentenwahl gegen Amtsinhaber Mahmud Ahmadinedschad angetreten.

Als „inakzeptabel“ kritisierte auch Bundeskanzlerin Angela Merkel das gewaltsame Vorgehen der iranischen Sicherheitskräfte. Den Angehörigen der Opfer gelte ihre Anteilnahme, erklärte sie am Montag in Berlin. „Insbesondere darf das Recht auf freie Meinungsäußerung durch friedliche Demonstrationen nicht eingeschränkt oder durch Gewalt unterdrückt werden“, betonte Merkel. Die Verantwortlichen in Teheran seien aufgerufen, eine weitere Eskalation zu verhindern und den politischen Dialog zu suchen. Außenminister Guido Westerwelle forderte Teheran auf, „alles zu tun, um eine weitere Zuspitzung der Lage zu verhindern und die Gewalt zu beenden“.

Die USA hatten zuvor die tödliche Gewalt bei den Protesten im Iran aufs Schärfste kritisiert. Washington verurteile „die gewaltsame und ungerechte Unterdrückung von Zivilisten im Iran, die ihre Grundrechte ausüben“, sagte der Sprecher des Nationalen Sicherheitsrates, Mike Hammer. „Durch Angst und Gewalt zu regieren ist niemals gerecht.“