HAMBURG. Frauen, so lautet ein französisches Sprichwort, erreichen alles - weil sie jene beherrschend, die alles beherrschen.

Übertragen auf den G-8-Gipfel in Heiligendamm hieße dies, dass Angela Merkel der männlichen Machtelite aus sieben Staaten, vor allem aber dem klimapolitisch hartleibigen amerikanischen Präsidenten nicht zuletzt deshalb Kompromisse abringen konnte, weil sie eine Frau ist.

Nun ist die Bundeskanzlerin nicht gerade als Femme fatale bekannt, hat sich aber in den letzten ein, zwei Jahren auch optisch vorteilhaft entwickelt. Man kann gar den Eindruck gewinnen, als würde die Kanzlerschaft die merkelsche Weiblichkeit keineswegs verschütten, sondern geradezu zur politischen Einsatzreife gedeihen lassen. In der warmherzigen Gipfel-Atmosphäre am Ostseegestade, mit Merkel als Zeremonienmeisterin, blühten die Kompromisse und schmolzen die männlichen Widerstände wie Erdnussbutter unter texanischer Sonne. Doch bei so viel Wonne schleicht sich ein arglistiger Gedanke ins Gemüt: Was wäre eigentlich passiert, wenn im Weißen Haus anstelle von Bush derzeit die spröde Hillary Clinton regieren würde? Hätte Angela Merkel gegenüber einer US-Präsidentin ebenso punkten können?

Fest steht, dass Hillary Clinton, dauertraumatisiert durch die Umtriebe ihres Mannes, nicht annähernd die Gelöstheit einer Angela Merkel erreicht, sondern, wie der US-Starautor Carl Bernstein diese Woche im "Spiegel" meint, "steif, einstudiert, schulmeisterlich" daherkommt. Gegenüber dem Charme einer anderen mächtigen Frau ist Hillary Clinton gewiss ziemlich immun.

Die Atmosphäre wäre wohl kühler, doch wäre ein "Zickenkrieg" auf allerhöchster Ebene wenig wahrscheinlich. Hillary Clinton hätte sich dem Klima-Kompromiss aus einer anderen Richtung annähern können. Im Gegensatz zu George W. Bush ist sie eine besessene Arbeiterin, interessiert am Thema bis in letzte Details. Intelligent und durchsetzungsfähig wie Merkel, weitaus liberaler als Bush und überdies mit feinen Sensoren für politische Strömungen ausgerüstet, hätte sie auf rein fachlicher Ebene durchaus eine Frauensolidarität mit der Kanzlerin gegenüber der Männerriege etablieren und auf diese Weise den Erfolg des Gipfels sicherstellen können.