Kommentar

Alle vier Jahre tönen die Kandidaten um die amerikanische Präsidentschaft, daß diese Wahl die wichtigste Entscheidung seit Generationen, wenn nicht gar seit Menschengedenken ist. Das ist diesmal nicht anders. Was die morgige Abstimmung von den meisten früheren unterscheidet, ist die Tatsache, daß nicht nur die Kandidaten unterschiedlicher nicht sein könnten, sondern die gesamte Wählerschaft polarisiert ist wie selten zuvor.

Auch die letzte Wahl war schon eine 50:50-Entscheidung, in der der Demokrat Al Gore die Mehrheit der Gesamtstimmen, George W. Bush jedoch die der entscheidenden Wahlmännerstimmen hatte. 2000 herrschte Bitterkeit im Volk, weil der konservativ besetzte Supreme Court und nicht die Bürger letztendlich die Wahl entschieden hatte. Die normalerweise sehr unpolitischen Amerikaner waren jedoch bereit, dem Republikaner Bush eine faire Chance zu geben, auch wenn sie ihn nicht gewählt hatten. Bis nach dem 11. September 2001 ging das gut. Die Terroranschläge einten das Land wie nie zuvor. Politische Grenzen waren verwischt. Man war nicht Republikaner oder Demokrat, sondern Amerikaner. Mit dem auf Lügen und falschen Fakten begründeten Krieg gegen den Irak hat Bush jedoch diese Einheit und seinen Kredit unter den Moderaten verspielt. Hinzu kommen eine stagnierende Wirtschaft und das größte Haushaltsdefizit aller Zeiten, unter anderem begründet durch Steuererleichterungen für die Reichen.

Hier kommt John Kerry ins Spiel. Der Demokrat möchte wieder für mehr soziale Gerechtigkeit sorgen, falls er ins Weiße Haus gewählt wird. Bush baut darauf, daß ihm die Mehrheit der Bürger ihre Stimme gibt, weil er als harter und unnachgiebiger Kämpfer gegen den Terrorismus gilt. Doch ganz egal, wer am Dienstag triumphiert, er hat die schwerste Aufgabe erst noch vor sich. Denn nach der Schlacht um das Weiße Haus muß er den Frieden mit dem amerikanischen Volk gewinnen.