Die kremlkritische Journalistin wurde vor vier Jahren ermordet. Eine russische Tageszeitung erhebt Vorwürfe gegen die Politik.

Moskau. Vor vier Jahren ging ein Aufschrei durch die Welt. Die kremlkritische Journalistin Anna Politkowskaja , die in der internationalen Presse hohe Anerkennung genoss, wurde ermordet. Nun erhebt die Zeitung „ Nowaja Gaseta “ schwere Vorwürfe gegen die Politik, sie legten mangelnden Aufklärungswillen an den Tag. Die Ermittlungen gingen deutlich zu langsam voran, sagte der Chefredakteur des Blatts, Dmitri Muratow, am Mittwoch. Die Sonderermittler der Staatsanwaltschaft prüften derzeit Hinweise auf weitere Komplizen in dem Mordfall, teilte die Behörde mit. Politkowskaja war am 7. Oktober 2006 vor ihrer Moskauer Wohnung erschossen worden. Mörder und Auftraggeber sind bis heute nicht gefasst worden.

Der Fall Politkowskaja hatte international Entsetzen ausgelöst und gilt als Symbol für die Verfolgung regierungskritischer Journalisten in Russland. Nach Angaben der Staatsanwaltschaft ist der mutmaßliche Mörder Rustam Machmudow weiter über Interpol weltweit zur Fahndung ausgeschrieben. Wegen neuer Informationen zu der Bluttat würden die Ermittlungen nun zunächst bis Februar 2011 verlängert, hieß es in der Mitteilung der Behörde.

Zum vierten Jahrestag des Mordes sind in Moskau an diesem Donnerstag Gedenkveranstaltungen geplant. Allerdings beklagte die Zeitung „Nowaja Gaseta“, für die die Ermordete geschrieben hatte, dass es anders als an vielen Orten im Westen in der russischen Hauptstadt bis heute keine Politkowskaja-Straße gebe. Am Todestag Politkowskajas, die vor allem über den „Staatsterror“ im früheren Kriegsgebiet Tschetschenien berichtet hatte, fordern Menschenrechtler in Russland zur Einhaltung der Pressefreiheit auf.

Anklagen gab es bisher nur gegen zwei Brüder des Tatverdächtigen Machmudow sowie zwei weitere mutmaßliche Komplizen. Die Männer waren aber vom Vorwurf der Beihilfe zum Mord aus Mangel an Beweisen freigesprochen worden. Die Ermittler hatten zuletzt eingeräumt, den Fall „zu früh“ vor Gericht gebracht zu haben.

Die Grünen-Bundestagsabgeordnete Marieluise Beck kritisierte vor dem Jahrestag, dass auch viele andere politische Morde an Journalisten und Menschenrechtlern bis heute nicht aufgeklärt seien. Dazu gehören auch die Bluttaten an dem Rechtsanwalt Stanislaw Markelow und an der Mitarbeiterin der Organisation Memorial, Natalia Estemirowa, die ebenfalls erschossen worden waren.