Eine Woche nach der Ermordung Natalja Estemirowas wurde in Russland ein weiterer Menschenrechtler tot aufgefunden.

Moskau. In der Teilrepublik Karelien an der Grenze zu Finnland wurde der Leiter der örtlichen Organisation „Gerechtigkeit", Andrej Kulagin, tot aufgefunden. Kollegen vermuteten, dass Kulagin im Zusammenhang mit seinem Einsatz für einen humaneren Strafvollzug ermordet wurde, wie der Radiosender Echo Moskwy berichtete. Die Polizei bestätigte zunächst nur den Tod Kulagins. Er sei bereits am 10. Juli in einer Sandgrube bei der Stadt Petrosawodsk gefunden worden.

Der Vorsitzende der Organisation „Gerechtigkeit" war seit dem 14. Mai vermisst worden. Er habe am späten Abend sein Haus verlassen, um sich zu einem telefonisch vereinbarten Treffen zu begeben. Die Polizei teilte mit, ihr sei nichts bekannt von einer Arbeit des Opfers als Menschenrechtler. Nach ihren Erkenntnissen sei Kulagin vorbestraft gewesen, unter anderem wegen Rowdytums. Eine andere Menschenrechtsorganisation in Petrosawodsk bezeichnete Kulagin als Unternehmer, der humanen Strafvollzug unterstützt habe.

Es wäre nicht der erste Mord an einem Menschenrechtler in Russland. Erst Mitte Juli war die russische Menschenrechtlerin Natalja Estemirowa (50) erschossen worden. Die Aktivistin galt ähnlich wie die 2006 getötete regierungskritische Tschetschenien-Reporterin Anna Politkowskaja als Kämpferin für die Menschenrechte im Nordkaukasus. Estemirowa hatte ebenso wie Politkowskaja Verbrechen an tschetschenischen Zivilisten aufgedeckt. Regierungskritiker befürchten, dass im Fall Estemirowa die Auftraggeber und Täter ebenso unbehelligt bleiben wie nach anderen Morden an Menschenrechtsaktivisten in Russland.

Im Januar war zudem der prominente russischer Menschenrechtsanwalt Stanislaw Markelow in Moskau auf offener Straße erschossen worden. Markelow hatte angekündigt, rechtlich gegen die vorzeitige Haftentlassung eines russischen Obersts vorzugehen.