Die Beweislage in dem angeblichen Mordkomplott gegen den saudischen Botschafter in Amerika scheint dünn. Obama widerspricht allen Zweiflern.

Washington/Teheran. US-Präsident Barack Obama will den Iran wegen eines angeblichen Mordkomplotts in den USA zur Verantwortung ziehen. Zugleich wies Obama am Donnerstag in Washington wachsende Zweifel an einem geplanten Anschlag gegen den saudischen Botschafter in den USA zurück. Die Attentatsplanungen seien von "Individuen in der iranischen Regierung" bezahlt und dirigiert worden. Die USA würden solche Vorwürfe nicht erheben, wenn sie nicht die notwendigen Beweise hätten.

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Zuvor waren sowohl in den USA als auch in anderen Staaten wachsende Zweifel laut geworden, dass der Iran hinter der angeblichen Verschwörung steht. Selbst US-Ermittler seien lange skeptisch gewesen, weil die Verschwörung so bizarr und ungewöhnlich schlecht organisiert erschienen sei, berichteten die "Washington Post" und das „"Wall Street Journal" am Donnerstag unter Berufung auf nicht näher bezeichnete Beamte. Dass die iranische Führung verwickelt sei, basiere lediglich auf Schlussfolgerungen.

Obama widersprach dieser Darstellung. Die Terrorpläne seien Teil eines "Musters des gefährlichen und ruchlosen Verhaltens der iranischen Regierung", so der Präsident. Teheran werde zur Verantwortung gezogen, auch wenn die Spitze des Regimes vielleicht nicht in jedes operative Detail eingebunden gewesen sei. Seine Regierung nehme ausdrücklich keine Option für eine Reaktion vom Tisch, sagte Obama.

Justizminister Eric Holder hatte konkret Al-Kuds, den militärischen Arm der iranischen Revolutionsgarden, für den Komplott verantwortlich gemacht. Als Beweis nannte seine Behörde eine Vorschusszahlung von 100.000 Dollar (72.800 Euro) an einen mutmaßlichen Auftragsmörder des mexikanischen Drogenkartells "Los Zetas", der in Wirklichkeit ein Informant der Drogenfahndung DEA gewesen sei. Die Banküberweisung lasse sich zu den Al-Kuds zurückverfolgen und könne eigentlich nur von ihrer Führung genehmigt worden sein.

In mehreren Zeitungsberichten räumten die zitierten Beamte dagegen ein, das Komplott trage nicht die Handschrift dieser Spezialeinheit. "Was wir sehen, scheint unvereinbar mit den hohen Standards, die wir aus der Vergangenheit kennen", heißt es. "Der operative Flügel der Al-Kuds ist zu intelligent und erfahren, um solch eine schlampige Operation durchzuführen", sagte der auf Iran spezialisierte politische Analyst Roozbeh Mirebrahimi dem "Wall Street Journal".

Die "Washington Post" zitiert einen westlichen Diplomaten im UN-Sicherheitsrat: "Jeder war überrascht über den Dilettantismus der Verschwörer." In der "New York Times" äußerte sich der Nahostexperte Kenneth Katzman kritisch. "Es gibt einfach keinen Präzedenzfall und noch nicht einmal eine angemessene Begründung dafür, dass der Iran einen Komplott plant – ganz egal wo – mit nichtmuslimischen Dritten wie mexikanischen Drogenbanden", sagte er.

Andere US-Regierungsvertreter brachten hingegen sogar den iranischen Religionsführer Ajatollah Ali Chamenei ins Gespräch. "Das ist eine Operation – der Mord an einem Diplomaten auf ausländischem Boden – die auf höchster Ebene in der iranischen Regierung hätte genehmigt werden müssen", sagte ein hochrangiger Beamter der "Los Angeles Times". Es gebe keine Beweise für diese These, aber man gehe nicht davon aus, dass es sich um eine Aktion gehandelt habe, die jemand auf eigene Faust ausführen wollte.

Der ehemalige iranische Präsident Mohammed Chatami warnte unterdessen seinen Nachfolger Mahmud Ahmadinedschad vor einem möglichen Militärangriff der USA. "Unsere politischen Vertreter sollten vorsichtig sein, den USA einen Vorwand zu liefern, um gegen unsere Sicherheit und territoriale Integrität vorzugehen", sagte Chatami der oppositionellen Internetseite Rahesabs. Er bezeichnete die US-Vorwürfe als eine Verschwörung der Regierung in Washington, um sich Vorteile für die Präsidentschaftswahlen 2012 zu verschaffen.

Die Regierung in Teheran hatte bereits am Mittwoch die Vorwürfe als haltlos zurückgewiesen. Die angeblichen Attentatspläne haben die Spannungen zwischen beiden Staaten massiv verschärft.

Auch Saudi-Arabien verurteilte den Iran scharf. Der saudische Außenminister Prinz Saud al-Faisal sagte am Donnerstag in Wien: "Alle Informationen, die uns vorliegen, richten sich gegen den Iran." Der geplante Terrorakt "schmerzt uns sehr", sagte al-Faisal. "Wir hätten uns nie vorstellen können, dass der Iran einen solchen Schritt machen könnte."