Ein belgischer Rechtspopulist hat eingeräumt, vor den Anschlägen eine Email von Anders Breivik erhalten zu haben. Insgesamt gab es tausende Adressaten.

Brüssel/Oslo. Der belgische Rechtspopulist Tanguy Veys erhielt kurz vor den Anschlägen in Norwegen eine Email von dem Attentäter Anders Behring Breivik. Nun ist Veys um Schadensbegrenzung bemüht. Er sei geschockt und bestürzt gewesen als ihm klar geworden sei, dass er einer von insgesamt 1.000 Adressaten war. Das erklärte Veys von der ausländerfeindlichen Partei Vlaams Belang am Mittwoch.

Kontakte zu dem Mann, der bei seinem Doppelanschlag mindestens 76 Menschen kaltblütig tötete, bestanden nach seiner Darstellung nicht. Er habe Breivik weder getroffen noch jemals von ihm gehört, sagte Veys. Insofern sei der Erhalt der E-Mail ein schwerer Schlag gewesen. „Ich wurde mit einem Terrorakt in Verbindung gebracht, und das wollte ich nicht“, klagte er.

Schusswaffen als einziges Hobby

Das Entsetzen dürfte sich bei anderen der rund 1.000 Empfänger in Grenzen gehalten haben. So führte eine der E-Mail-Adressen zu einem italienischen Facebook-Nutzer, auf dessen Profilbild Nazi-Symbole und ein Schädel zu sehen waren. Laut Profil hat der Mann nur ein Hobby: „Schusswaffen“. Ein anderer Adressat gehört nach eigener Aussage der rechtspopulistischen British National Party (BNP) an.

Ein Blick in die E-Mail, der Breivik sein 1.500 Seiten starkes sogenanntes Manifest als Anhang beifügte, unterstreicht unterdessen seinen zweifelhaften missionarischen Eifer. „Westeuropäische Patrioten“, eröffnete er sein Schreiben. „Ich bitte Sie in aller Bescheidenheit darum, das Buch an so viele patriotisch Gesinnte wie nur möglich weiterzuleiten.“ Die Verbreitung seines Manifests werde die Voraussetzungen für einen Sieg im anhaltenden westeuropäischen Kulturkampf schaffen, hieß es weiter.

„Legt leichtes Makeup auf“

Im Manifest selbst wird neben Breiviks bereits bekannten Ansichten über eine „Islamisierung Europas“ in einem Abschnitt auch deutlich, wie minutiös er seine Ideen dokumentierte. So spielten für den Attentäter offenbar auch Äußerlichkeiten eine wichtige Rolle.

Seine Gesinnungsgenossen sollten gute und professionell geschossene Bilder von sich machen lassen und alle unvorteilhaften löschen, schrieb Breivik. Der Grund: „Die Polizei gibt normalerweise nach Razzien ’schwachsinnig aussehende’ Fotos an die Presse weiter.“ Seinen Mitstreitern riet Breivik daher, vor Foto-Shootings unter anderem in Fitnessstudios und Solarien zu gehen. „Besucht nach Möglichkeit einen Männersalon und legt leichtes Makeup auf“, schrieb er weiter. Vermutlich sind die Empfehlungen eine Erklärung für die seltsam wirkenden Fotoaufnahmen des Täters von Oslo und Utöya, die bislang aufgetaucht sind.

Er glaube, dass Breivik geisteskrank sei und alleine gehandelt habe, erklärte der belgische Rechtspopulist Veys. Auch seine ganze Partei habe der Eingang der E-Mail entsetzt. „Wir haben nie zu Gewalt aufgerufen und das, was in Norwegen passiert ist, tut uns sehr leid“, sagte Veys. „Das kann man nicht verteidigen, mit seinen Motiven und seinen Taten kann man nicht einmal sympathisieren.“ Den Politiker treibt eine weitere Sorge um: Er befürchte, dass die Debatte über die Einwanderung nun möglicherweise unter dem Eindruck der Mordanschläge Breiviks betrachtet werde könnte. (dapd/abendblatt.de)