Die Schiffe der Flotilla liegen in Griechenland fest. Auch per Flugzeug kamen die Aktivisten nicht ans Ziel. 15 Deutsche vorrübergehend festgenommen.

Jerusalem. Die Schiffe der „Freedom Flotilla II“ liegen in Griechenland fest. Aktivisten, die auf den Luftweg ausweichen wollten, sind auf Initiative der israelischen Behörden schon in den Ausgangsländern am Betreten der Flugzeuge gehindert worden. Wer es dennoch bis zum Flughafen Ben Gurion bei Tel Aviv geschafft hat, wird von israelischen Sicherheitskräften in Gewahrsam genommen und mit dem nächsten Flugzeug zurückbefördert: Der „fliegenden Flotilla“ ist anscheinend kein größerer Erfolg beschieden als ihrem schwimmenden Pendant.

Es ist eine Geschichte mit langer Vorgeschichte: Zum Jahrestag der Erstürmung des türkischen Schiffs „Mavi Marmara“, bei der 2010 neun Aktivisten starben, wollten die Organisatoren der diesjährigen Gaza-Flotilla erneut versuchen, die israelische Blockade des Gazastreifens zu durchbrechen. Ein Konvoi von mindestens 50 Schiffen sollte es sein, der Hilfsgüter in den Gazastreifen bringt, elf Schiffe sind schließlich übrig geblieben. Die „Mavi Marmara“, die der „Freedom Flotilla II“ erneut als Flaggschiff dienen sollte, ist nicht dabei – technische Probleme, sagen die Organisatoren.

Die Wogen kochen seit Wochen hoch: Pro-palästinensische Aktivisten werfen der israelischen Armee (IDF) vor, drei Schiffe der geplanten Gaza-Flotille sabotiert zu haben. Das IDF dementierte, hielten den Aktivisten im Gegenzug Kontakte zur Hamas und gar die Bereitschaft zum Töten israelischer Soldaten vor.

Im Alleingang drohte der Chef des israelischen Regierungspressebüros ausländischen Journalisten mit Abschiebung und einem zehnjährigen Einreiseverbot, falls sie an der Flotilla teilnehmen – und wurde nach scharfer Kritik diverser Journalistenvereinigungen von Ministerpräsident Benjamin Netanjahu zurückgepfiffen. Die Uno streitet unterdessen offen über die Bewertung des israelischen Einsatzes gegen die Gaza-Hilfsflotte im Mai vergangenen Jahres, während ein Teil der in Griechenland blockierten Flotten-Teilnehmer in den Hungerstreik getreten ist.

Für die verbliebenen Schiffe herrscht nach wie vor Flaute – daran änderte auch ein Offener Brief der Aktivisten an Griechenlands Ministerpräsident Giorgos Papandreou nichts: Die griechischen Behörden beharren auf ihrem Auslaufverbot. Zwei Schiffe, die trotz Verbot in Richtung Gaza in See stießen, wurden nur kurze Zeit später von der griechischen Küstenwache gestoppt, der Kapitän des US-amerikanischen Schiff verhaftet.

Die Angst vor einem erneuten Zwischenfall wie bei der „Mavi Marmara“ in Israel scheint groß, ebenso die internationale Unterstützung gegen eine erneute Flotilla. „Das Quartett ruft alle Regierungen auf, mit ihrem Einfluss weitere Aktionen zu verhindern. Andernfalls wird das Leben der Beteiligten riskiert und eine Eskalation der Lage hingenommen“, heißt es in einer bei der Uno verbreiteten Erklärung des Nahostquartetts aus UN, EU, Russland und den USA.

Die Taktik Israels gegen die gefürchteten Manifestationen scheint aufzugehen: Auf einer Schwarzen Liste benannte das Transportministerium am Donnerstag 342 pro-palästinensische Aktivisten, denen es die Einreise verweigern werde. Rund 200 von ihnen wurden von ausländischen Fluggesellschaften noch vor Betreten des Flugzeugs gestoppt, weitere 69 blieben an der Sicherheitsschleuse des Ben-Gurion-Flughafens hängen – blockiert im Protest gegen die Blockade des Gazastreifens.

Unterdessen haben israelische Sicherheitskräfte auf dem Flughafen Ben Gurion 15 pro-palästinensische Aktivisten aus Deutschland an der Einreise gehindert und vorübergehend festgenommen. Nach Angaben des Auswärtigen Amtes (AA) werden die 15 Deutschen von der Botschaft in Tel Aviv konsularisch betreut. Das AA hatte in seinen Reisehinweisen wegen der angekündigten Anreise hunderter Palästina-Unterstützer auf mögliche Einreiseverbote hingewiesen. Israel habe die Regierung informiert, „dass jedes illegale Verhalten in diesem Zusammenhang konsequent geahndet werden wird“.

Die festgenommenen Männer und Frauen aus Deutschland sitzen in Abschiebehaft, sagte ein Mitglied der Aktivistengruppe, das nicht festgenommen wurde, am Sonnabend. Den Angaben zufolge haben mindestens zwei Deutsche trotz aller Sicherheitsvorkehrungen auf dem Flughafen Ben Gurion die Einreise nach Israel geschafft. Sie hätten sich als Touristen ausgegeben, um später über die Ereignisse informieren zu können, sagte das Mitglied der Gruppe, das aus Angst vor einer Festnahme anonym bleiben wollte.

Auch 50 bis 100 weiteren Aktivisten aus Europa und den USA sei die Einreise geglückt, sagte der Sprecher der Initiative „Willkommen in Palästina“, Fadi Kattan, in Bethlehem. Diese Initiative mehrerer nichtstaatlicher Organisationen hatte ausländische Besucher ins Westjordanland eingeladen, damit sie sich ein eigenes Bild vom Leben der Palästinenser unter israelischer Besatzung machen können. Allerdings planten die Organisatoren auch Proteste gegen die israelische Sperranlage zum Westjordanland sowie Siedlungen.

Israel betrachtet die Besucher als „pro-palästinensische Radikale“, die Ruhe und Ordnung stören wollen. Mit einer Schwarzen Liste sowie einem Großaufgebot an Sicherheitskräften war es Israel gelungen, mehr als 300 Aktivisten an der Einreise zu hindern. Insgesamt 85 Männer und Frauen würden derzeit im Gefängnis von Ramla festgehalten und auf ihre Abschiebung warten, berichteten israelische Medien am Sonnabend unter Berufung auf Polizeiangaben. Vier Personen seien bereits in ihre Herkunftsländer zurückgeschickt worden.

Darüber hinaus hatten rund 230 Frauen und Männer ihren Flug überhaupt nicht antreten dürfen. Das israelische Innenministerium hatte zuvor europäischen Fluggesellschaften wie der Lufthansa eine Schwarze Liste mit den Namen von 342 Personen überreicht, denen die Einreise in Israel verweigert werde. (kna/dpa)