Die Türkei geht weiter auf Konfrontationskurs mit Israel. Präsident Erdogan kündigte an, Hilfsflotten vor dem Gazastreifen mit Kriegsschiffen zu eskortieren.

Istanbul. Die Auseinandersetzung zwischen Israel und der Türkei spitzt sich weiter zu. Türkeis Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan hat angekündigt, türkische Kriegsschiffe würden künftig für den Gazastreifen bestimmte Hilfsflotten eskortieren. Dies gelte für Schiffe, die von türkischem Territorium aus starteten und solle einen Einsatz der israelischen Streitkräfte wie im vergangenen Jahr verhindern, sagte Erdogan am Donnerstag dem Nachrichtensender Al-Dschasira. 2010 waren neun türkische Aktivisten einer Gaza-Hilfsflotte bei einem Angriff Israels getötet worden.

Es war das erste Mal, dass die Türkei ankündigte, ihre Marine werde Gewalt zum Schutz von Schiffen einsetzen, die versuchen, die israelische Blockade des Gazastreifens zu durchbrechen. Zuvor hatte die Türkei bereits eine Verstärkung der Patrouillen im östlichen Mittelmeer angekündigt, nachdem Israel noch immer eine Entschuldigung für die Enterung der Gaza-Hilfsflotte verweigert.

Der israelische Geheimdienstminister Dan Meridor nannte Erdogans Drohungen „schwerwiegend und ernsthaft“. „Die Türkei, die erklärt, dass Israel sich nicht außerhalb des internationalen Rechts befindet, muss verstehen, dass das auch für sie gilt“, sagte er am Freitag.

+++ Uno-Bericht: Israels Einsatz gegen Gaza-Hilfsschiff war legal +++

Seit dem Tod der Aktivisten auf der „Mavi Marmara“ im Mai 2010 haben sich die ehemals engen Beziehungen zwischen Israel und der Türkei dramatisch verschlechtert. Einst konnte Israel sich auf den Beistand der Türkei verlassen und die Türkei konnte im Gegenzug israelische Hightech-Waffen erwerben. Doch schon nach dem israelischen Angriff auf den Gazastreifen 2008 tauchten erste Risse in der Freundschaft auf.

Nachdem der EU-Beitritt der Türkei in den vergangenen Jahren immer weiter in die Ferne gerückt ist, hat Erdogan die Beziehungen zu den arabischen Staaten ausgebaut. Doch trotz des Bruchs mit Israel bestreitet die Türkei, dass sie sich von der westlichen Staatengemeinschaft weg bewege. Erst kürzlich stimmte das NATO-Mitglied der Stationierung eines Frühwarnradars für den Aufbau des NATO-Raketenschilds zu.

„Im Moment gibt es keinen Zweifel, dass es die erste Pflicht der türkischen Marineschiffe ist, (türkische) Schiffe zu beschützen“, zitierte die amtliche türkische Nachrichtenagentur Anadolu Erdogan. „Wir werden humanitäre Hilfe leisten. Diese Hilfe wird keinem Angriff wie auf die ’Mavi Marmara’ zum Opfer fallen.“

Israel seinerseits hat angekündigt, nicht zur Verschärfung des Konflikts beitragen zu wollen. „Ich glaube nicht, dass es richtig wäre, jetzt mit ihm (Erdogan) ins verbale Säbelrasseln zu verfallen“, sagte Meridor dem Rundfunk der Streitkräfte. „Ich glaube, unser Schweigen ist die beste Antwort und ich hoffe, es geht vorbei. Ich glaube jeder, der zuhört, kann sich seine eigene Meinung über ihn und die Richtung, die er eingeschlagen hat, bilden“, sagte Meridor.

Auch die türkische Opposition kritisierte am Freitag Erdogans Kurs. Kemal Kilicdaroglu, Anführer der Republikanischen Volkspartei (CHP), sagte, der türkische Rote Halbmond schicke bereits Hilfe in den Gazastreifen, ohne die Blockade zu brechen. Er forderte Erdogan auf, die mit der Entsendung von Kriegsschiffen gemachten Drohungen im Parlament zu rechtfertigen.

In einem vergangene Woche veröffentlichten UN-Bericht heißt es, Israel habe bei dem Militäreinsatz 2010 „exzessive und unangemessene Gewalt“ angewendet. Zu dem Tod der neun Aktivisten hätten aber auch die Türkei und die Organisatoren der Hilfsflotte beigetragen.

Nach Bekanntwerden des Inhalts des Berichts wies die Türkei den israelischen Botschafter aus und legte die militärische Zusammenarbeit auf Eis. Am Montag verwies die türkische Regierung weitere israelische Diplomaten des Landes. (dapd)