In Syrien geht das blutige Vorgehen gegen die Proteste weiter. Mindestens 25 Menschen sterben in Daraa durch Sicherheitskräfte.

Damaskus. Die syrische Führung geht erneut blutig gegen die Protestanten vor. 3000 Sicherheitskräfte sind mit der Unterstützung von Panzern in die südliche Protesthochburg Daraa einmarschiert und sollen laut Augenzeugen und Menschenrechtsvertretern willkürlich um sich geschossen haben. Dabei seien mindestens 25 Menschen getötet worden sein. Zuvor hatte die syrische Regierung Zugeständnissen gemacht. Auch in anderen Städten gingen die Behörden mit Festnahmen und Razzien gegen die Demonstranten vor.

Flankiert von schweren Armee-Fahrzeugen drangen die Sicherheitskräfte am Morgen nach Daraa ein. Auch Scharfschützen hätten sich auf den Dächern in Stellung gebracht, so ein Aktivist. "Es gibt eine Ausgangssperre. Sie schießen auf alle, die ihre Häuser verlassen“, sagte ein Augenzeuge. Die Sicherheitskräfte sollen auch auf Wassertanks geschossen haben, um die Vorräte der Bewohner zu zerstören.

Bei dem groß angelegten Militäreinsatz wurden nach Angaben von Augenzeugen mindestens 25 Menschen getötet. Die Sicherheitskräfte feuerten demnach mit schwerer Artillerie auf die Stadt. Die genaue Zahl der Toten sei aber nicht zu ermitteln, weil viele Opfer noch auf den Straßen lägen, berichteten mehrere Aktivisten. Sowohl die Stromversorgung als auch das Telefonnetz seien weitgehend zusammengebrochen.

Nach Angaben der jordanischen Regierung riegelte Syrien im Zuge des Einsatzes die nahe Daraa gelegene Grenze zum Königreich ab. Auch ein Augenzeuge, der an der Einreise gehindert worden war, bestätigte die Schließung der Grenzposten Daraa und Naseeb. Der syrische Zoll wiederum wies die Angaben zurück. In Daraa hatte Mitte März die Protestbewegung gegen Präsident Baschar al-Assad ihren Anfang genommen.

Auch in Duma und El Muadamijah nahe der Hauptstadt Damaskus gingen Sicherheitskräfte am Montag gegen die Protestbewegung vor. Duma sei "vom Rest der Welt abgeschnitten“, sagte ein Aktivist. Sicherheitskräfte hätten eine Moschee in der Stadt umstellt und würden willkürlich schießen. Seit Sonntag gebe es eine Verhaftungswelle in der Stadt.

Bei Gewalt durch Sicherheitskräfte kamen seit Freitag nach Angaben von Aktivisten mehr als 150 Menschen ums Leben. Die syrische Menschenrechtsorganisation Insan mit Sitz in Sevilla teilte mit, dass seit dem Tag zudem mehr als 220 Menschen verschwunden seien. Seit Beginn der Protestbewegung Mitte März wurden nach einer Zählung mehr als 350 Menschen in Syrien getötet.

Die syrische Führung habe sich für eine "militärische Lösung“ entschieden, um die Protestbewegung unter Kontrolle zu bringen, sagte der Aktivist Rami Abdel Rahmane von der Organisation Syrisches Observatorium für Menschenrechte. Die Führung instrumentalisiere dazu ein am Donnerstag verkündetes Gesetz, wonach Demonstrationen fünf Tage im Voraus beim Innenministerium anzumelden sind. Präsident Assad hatte am Donnerstag den seit fast 50 Jahre geltenden Ausnahmezustand aufgehoben.

Die UN-Menschenrechtskommissarin Navi Pillay verurteilte das Vorgehen der Sicherheitskräfte scharf. Sie rief zu einem "unverzüglichen Ende des Blutbads“ und zum Schutz friedlicher Demonstranten auf.

Human Rights Watch forderte Sanktionen gegen die Verantwortlichen für die Schießbefehle. Es reiche nicht mehr, die Gewalt zu verurteilen, erklärte die Organisation. Einem Bericht des "Wall Street Journal“ vom Sonntag zufolge arbeitet die US-Regierung an Sanktionen gegen Vertraute von Assad. (abendblatt.de/afp)