Chaos und Gewalt bei Protesten in der Stadt Homs. WikiLeaks-Dokumente zeigen: Die USA unterstützen die Opposition gegen Assad.

Damaskus. In der syrischen Stadt Homs haben nach Angaben von Aktivisten Sicherheitskräfte am Dienstagmorgen das Feuer auf Tausende Demonstranten eröffnet, die sich im Zentrum zu einer Sitzblockade versammelt hatten. „Die Sitzblockade wurde gewaltsam aufgelöst“, sagte ein Menschenrechtsaktivist in Damaskus der Nachrichtenagentur AFP am Telefon. Es sei scharf geschossen worden. Ob es Verletzte gab, konnte er zunächst nicht sagen. Im Exil lebende Syrer bestätigten den Einsatz von Gewalt in Homs, sagten jedoch, wegen offenbar zusammengebrochener Telefonverbindungen sei es schwierig, Kontakt zu den Demonstranten vor Ort aufzunehmen.

Die syrische Regierung will derweil den seit 1963 geltenden Ausnahmezustand aufheben. Einem entsprechenden Gesetzentwurf stimmte das Kabinett in Damaskus am Dienstag zu. Präsident Baschar al-Assad muss die Vorlage noch gegenzeichnen, damit sie rechtskräftig wird. Die Aufhebung des Ausnahmezustands ist eine der Kernforderungen der seit Wochen andauernden Proteste für mehr Demokratie und Bürgerrechte in Syrien.

Mehr als 20.000 Menschen hatten am Montagabend in Homs, rund 160 Kilometer nördlich von Damaskus, eine Sitzblockade begonnen, die sie bis zu einem Rücktritt von Staatschef Baschar al-Assad aufrechterhalten wollten. Die Menschen würden auf dem Platz al-Saa ausharren, den sie in Tahrir-Platz umbenannt hätten, sagte ein Aktivist der Nachrichtenagentur AFP. Der Tahrir-Platz in der ägyptischen Hauptstadt Kairo war das Zentrum der Proteste, die im Februar zum Sturz von Präsident Husni Mubarak geführt hatten. Nach Angaben von Menschenrechtsaktivisten kamen zudem beim gewaltsamen Vorgehen der Sicherheitskräfte gegen Regierungsgegner in der Nähe von Homs am Montag elf Demonstranten ums Leben. Die offizielle syrische Nachrichtenagentur Sana sowie staatliche Zeitungen berichteten dagegen am Dienstag, „kriminelle bewaffnete Gruppen“ hätten dort einen General, dessen zwei Kinder und einen Neffen getötet und die Leichen verstümmelt. Zudem seien zwei weitere Offiziere als „Märtyrer“ gefallen.

Die USA haben unterdessen nach einem Zeitungsbericht seit Jahren heimlich die Opposition in Syrien finanziert. Seit 2006 habe das US-Außenministerium auf versteckten Kanälen rund sechs Millionen Dollar (gut 4,1 Millionen Euro) an die Gegner des Präsidenten Baschar al-Assad transferiert, schrieb die „Washington Post“ unter Berufung auf vertrauliche Diplomatendepeschen, die von der Enthüllungswebsite WikiLeaks publiziert worden waren. Unklar ist, ob weiterhin Mittel fließen.

Das Außenministerium räumte ein, die Regierung unterstütze unabhängige Gruppierungen, wolle aber nicht das Assad-Regime unterminieren. Es gebe US-Hilfe für verschiedene Organisationen, die Freiheit und Demokratie in Syrien forderten, sagte Außenamtssprecher Mark Toner. Er fügte hinzu: „Wir arbeiten nicht daran, die Regierung zu unterminieren.“ Der Sprecher nannte keine Einzelheiten.

Nach Informationen der „Washington Post“ ging das Geld auch an die Betreiber des regierungskritischen TV-Senders Barada TV, der sein Programm von London aus in Syrien verbreitet. Der Kanal nahm seinen Betrieb im April 2009 auf und weitete seine Operation seit Beginn der Massenproteste gegen Assad nochmals aus. Die Finanzierung der Oppositionsgruppen habe unter dem damaligen Präsidenten George W. Bush begonnen, nachdem er die diplomatischen Beziehungen der USA zu Syrien 2005 eingefroren hatte. Sie sei unter Präsident Barack Obama fortgesetzt worden, obwohl sich seine Regierung um eine Erholung der Beziehungen zu Assad bemüht. Seit Januar haben die USA wieder einen Botschafter in Damaskus. (AFP/dpa)