Eine Sitzblockade mit 20 000 Teilnehmern im syrischen Homs wurde brutal aufgelöst. Sicherheitskräfte schossen auf die Demonstranten. Sie wollten die Sitzblockade aufrechterhalten bis Präsident Assad abdankt. USA haben offenbar jahrelang heimlich die Opposition finanziert.

Nikosia/Damaskus/Beirut. Die Sicherheitslage für die Opposition wird immer dramatischer. Am Montagabend versammelten sich zahlreiche Demonstranten zu einer Sitzblockade im Zentrum von Holm. Sicherheitskräfte beendeten dieses Aufbegehren gegen die staatliche Gewalt mit brutaler Härte. Am Dienstagmorgen eröffneten sie das Feuer auf tausende Demonstranten. „Die Sitzblockade wurde gewaltsam aufgelöst“, sagte ein Menschenrechtsaktivist in Damaskus. Es sei scharf geschossen worden. Ob es Verletzte gab, konnte er zunächst nicht sagen.

Mehr als 20.000 Menschen hatten am Montagabend in Homs, rund 160 Kilometer nördlich von Damaskus, eine Sitzblockade begonnen, die sie bis zu einem Rücktritt von Staatschef Baschar el Assad aufrechterhalten wollen. Die Menschen würden auf dem Platz el Saa ausharren, den sie in Tahrir-Platz umbenannt hätten, sagte ein Aktivist. Der Tahrir-Platz in der ägyptischen Hauptstadt Kairo war das Zentrum der Proteste, die im Februar zum Sturz von Präsident Husni Mubarak geführt hatten.

Im Exil lebende Syrer bestätigten den Einsatz von Gewalt in Homs, sagten jedoch, wegen offenbar zusammengebrochener Telefonverbindungen sei es schwierig, Kontakt zu den Demonstranten vor Ort aufzunehmen. In der Online-Ausgabe der „New York Times“ wurde eine Anwohnerin zitiert, die kurz vor 3.00 Uhr am Telefon gesagt habe, es seien Schüsse zu hören gewesen. Aus den Moscheen sei um Hilfe gerufen worden. „Wir fürchten, dass viele auf dem Platz getötet werden, dass es ein Massaker ist.“

Der Korrespondent des Senders Al-Dschasira in der Hauptstadt Damaskus sagte, die Sicherheitskräfte hätten die Stadt abgeriegelt. Die Demonstranten seien aufgefordert worden, bis 2.30 Uhr Ortszeit den Platz zu verlassen. Etwa eine Viertelstunde vorher hätten die Sicherheitskräfte das Feuer eröffnet.

Einige muslimische Geistliche seien von der Geheimpolizei im Vorfeld der Ereignisse gewarnt worden, dass auf jede Blockade scharf geschossen werde. Das Innenministerium sprach angesichts der Unruhen bereits von einem „bewaffneten Aufstand“.

Am Montag hatten Tausende Menschen an der Beisetzung von 14 Demonstranten teilgenommen, die am Vortag von Sicherheitskräften in Homs getötet worden waren. Die Menge zeigte sich kämpferisch: „Wir lösen unser Blut für eures ein, ihr lieben Märtyrer!“, riefen die Trauernden, wie ein Augenzeuge am Telefon berichtete.

Die 14 Getöteten waren am Sonntag für Demokratie und Bürgerrechte auf die Straße gegangen. Mindestens 50 weitere Demonstranten wurden verletzt, als Sicherheitskräfte das Feuer auf sie eröffneten.

USA finanzieren laut Zeitungsbericht seit Jahren die Opposition

Die USA haben einem Zeitungsbericht zufolge seit Jahren heimlich die Opposition in Syrien finanziert. Seit 2006 habe das US-Außenministerium auf versteckten Kanälen rund sechs Millionen Dollar (gut 4,1 Millionen Euro) an die Gegner des Assads transferiert, schrieb die „Washington Post“ am Montag unter Berufung auf vertrauliche Diplomatendepeschen, die von der Enthüllungswebsite Wikileaks publiziert worden waren. Unklar ist, ob weiterhin Mittel fließen.

Das Außenministerium räumte ein, die Regierung unterstütze unabhängige Gruppierungen, wolle aber nicht das Assad-Regime unterminieren. Es gebe US-Hilfe für verschiedene Organisationen, die Freiheit und Demokratie in Syrien forderten, sagte Außenamtssprecher Mark Toner. Er fügte hinzu: „Wir arbeiten nicht daran, die Regierung zu unterminieren.“ Der Sprecher nannte keine Einzelheiten.

Nach Informationen der „Washington Post“ ging das Geld auch an die Betreiber des regierungskritischen TV-Senders Barada TV, der sein Programm von London aus in Syrien verbreitet. Der Kanal nahm seinen Betrieb im April 2009 auf und weitete seine Operation seit Beginn der Massenproteste gegen Assad nochmals aus.

Die Finanzierung der Oppositionsgruppen habe unter dem damaligen Präsidenten George W. Bush begonnen, nachdem er die diplomatischen Beziehungen der USA zu Syrien 2005 eingefroren hatte. Sie sei unter Präsident Barack Obama fortgesetzt worden, obwohl sich seine Regierung um eine Erholung der Beziehungen zu Assad bemüht. Seit Januar haben die USA wieder einen Botschafter in Damaskus.

Nach Ausbruch der Protestwelle in dem Land hatte Obama allerdings die Gewalt gegen Demonstranten in Syrien scharf verurteilt und Assad aufgefordert, die Repression seines Volkes zu beenden.

Die von Wikileaks offengelegte Depesche kam den Informationen zufolge aus der US-Botschaft in Damaskus.

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Israel sieht Syrien als zweischneidiges Schwert

Seit Januar 2000 liegen die Friedensverhandlungen zwischen den beiden Nachbarländern auf Eis. Israel will erst verhandeln, wenn Syrien seine Unterstützung für palästinensische Terrororganisationen aufgibt, keine Waffen mehr an die pro-iranische Hisbollah im Libanon passieren lässt und die Verbindungen zum Iran kappt.

Israel hatte erst vor einem Monat ein mit 50 Tonnen Waffen beladenes Schiff im Mittelmeer abgefangen. Die tödliche Fracht der „Victoria“ stammte laut israelischer Armee aus dem Iran und sollte über Syrien an die im Gazastreifen herrschende radikal-islamische Hamas ausgeliefert werden.

Ein Sturz des syrischen Staatschefs Baschar al-Assad könnte die Großwetterlage in der Region ändern. Wenn die radikal-islamische Hamas und die militante Palästinenserorganisation Islamischer Dschihad keine Unterstützung mehr aus Damaskus bekämen, dann wäre dies ein schwerer Schlag für sie.

Israel könnte dies mit großer Genugtuung sehen, schreibt der intime Kenner der Assad-Familie, Patrick Seale. Allerdings versetze diesen Gefühlen die Furcht einen Dämpfer, dass ein islamistisches Regime in Syrien an die Macht kommen könnte. Das könnte dann eine noch größere Gefahr für Israels Interessen und Sicherheit sein.

Die Grenze zu Syrien ist seit Jahren völlig ruhig. Gerade jetzt, wenn es auf dem Golan blüht und grünt, kommen die Besucher in Scharen. Eine Touristenattraktion sind die an der Grenze installierten Fernrohre, mit denen man tief ins „Feindesland“ schauen kann. Und da ist nichts von Unruhen oder Bedrohung zu sehen.

Und irgendwie hat man das Gefühl, als ob sich Israel sehr gut mit dem herrschenden Assad-Clan arrangiert hat. Und bei Problemen habe ein „bisschen Arme verdrehen“ immer geholfen, schreibt ein Kommentator.

Ein Sturz Assads werde als „strategische Gefahr“ empfunden, beschreibt die linksliberale Tageszeitung „Haaretz“ das vorherrschende Denken. Der Wert der Diktatur bestehe vor allem darin, dass Krieg vermieden worden sei.

Allerdings verweist das Blatt auch auf die Vorteile des arabischen Frühlings für die rechtsgerichtete Regierungskoalition in Jerusalem. Die Revolutionen in der arabischen Welt seien eine wunderbare Entschuldigung für Ministerpräsident Benjamin Netanjahu, im Friedensprozess auf der Stelle zu treten.

Seit die politischen Unruhen in der arabischen Welt im Januar begonnen haben, konkurrieren in Israel zwei Denkschulen. Die eine meint, es sei ein Fehler gewesen, dass Israel in den ruhigen Jahren keine Friedensverträge mit Nachbarn wie Syrien geschlossen habe. Dann hätte man jetzt nichts zu befürchten.

Die andere Denkschule argumentiert, der Fall Ägypten zeige, dass man mit Diktatoren Frieden geschlossen habe und nicht mit dem Volk. Der Friedensvertrag stehe jetzt erst vor einem Test. Und davon wiederum hänge ab, ob Friedensverträge mit anderen Nachbarn wie beispielsweise Syrien oder den Palästinensern überhaupt Sinn machten.

(Mit Material von dpa/afp/abendblatt.de)