Wie sicher sind die deutschen Meiler? Eine Kommission prüft die Risiken der Atomkraftwerke. Briefbombe gegen Schweizer Atomwirtschaft.

Berlin. Die deutschen Atomkraftwerke sollen auf ihre Sicherheit gegen Flugzeugabstürze überprüft werden. Dies sei eine der Fragestellungen, die die Reaktorsicherheitskommission (RSK) beantworten solle, kündigte deren Chef Rudolf Wieland an. Geschwindigkeit, Aufprallwinkel und Folgen eines Kerosinbrandes würden berücksichtigt. Die ältesten Anlagen haben nach Expertenansicht keine ausreichend dicken Hüllen. Eine Nachrüstung würde sich kaum lohnen. Die Meiler sollten auch dahingehend überprüft werden, ob sie größeren Erdbeben standhalten könnten. Es müsse sichergestellt sein, dass nach derartigen Vorfällen keine Radioaktivität freigesetzt werden könnte. Die RSK soll die Konsequenzen der Atomkatastrophe von Japan für die deutschen AKW prüfen. Die Frage der Sicherheit der AKW stelle sich nach den Ereignissen in Japan neu, sagte Bundesumweltminister Norbert Röttgen. Mitte Juni sei mit ersten politischen Entscheidungen zu rechnen.

Die Vorsitzende der Grünen, Claudia Roth, hat die Überprüfung der deutschen Atomkraftwerke scharf kritisiert. „Eine sechswöchige Überprüfung aller 17 Atomkraftwerke ist kein Stresstest, sondern reines Placebo“, sagte Roth dem Hamburger Abendblatt (Freitag-Ausgabe). „In so kurzer Zeit alles auf den Prüfstand stellen zu wollen, ist nicht seriös.“ Alle genannten Gefahren wie ein Flugzeugabsturz oder ein Staudammbruch seien lange bekannt, kritisierte Roth. „Das zeigt, wie unverantwortlich Schwarz-Gelb bei der Laufzeitverlängerung im Herbst agiert hat“, so die Parteichefin.Sie betonte, auf die wichtigste Frage, was mit den bereits abgeschalteten sieben Alt-Meilern passiere, sei Umweltminister Norbert Röttgen eine Antwort schuldig geblieben. „Wenn ihm die Sicherheit der Menschen wichtiger wäre als der Profit der Atomkonzerne, hätte er bereits jetzt das endgültige Aus der alten Kraftwerke verkünden können“, so Roth.

Mit Sicherheitsprüfungen rückt das dauerhafte Aus zumindest der sieben ältesten Meiler näher. Röttgen lehnte eine Vorfestlegung ab. „Am Ende ist die Politik gefragt“, sagte er. Sie müsse auf Basis der Expertise sowie der Haltung in der Gesellschaft entscheiden. Die Kommission habe einen Anforderungskatalog für die AKW verabschiedet, sagte Wieland. Dabei würden auch „terroristische Einwirkungen“ berücksichtigt, ebenso naturbedingte Ereignisse, höhere Wasserstände, ein Staudammbruch, Erdbeben, Trockenheit, niedrigere und höhere Temperaturen. Ferner werde geprüft, ob bei einem längeren Ausfall der Stromversorgung die Meiler gekühlt werden könnten. Sieben Expertenteams der Gesellschaft für Reaktorsicherheit würden die einzelnen Bereiche bei den Anlagen prüfen.

Derweil ist in einem Büro der Schweizer Atomwirtschaft eine Briefbombe explodiert. Zwei Menschen wurden verletzt, wie die Nachrichtenagentur SDA berichtete. Unter Berufung auf die Polizei hieß es weiter, Mitarbeiter des Büros von Swissnuclear in Olten im Norden des Landes hätten den Brief geöffnet. Swissnuclear ist ein Konsortium der nationalen Energieunternehmen Axpo, Alpiq und BKW. Es setzt sich für den sicheren Betrieb der Kernkraftwerke in der Schweiz ein. (dpa/rtr)