Fukushima und der Tschernobyl-Jahrestag machen die Friedensmärsche an Ostern zum Protest gegen die Energiepolitik.

Hamburg. Sie verabreden sich zu Flashmobs im Internet, protestieren vor der Hauptversammlung des Energiekonzerns RWE und mischen sich zu Zehntausenden unter die Ostermarschierer: Deutschlands Anti-Atom-Demonstranten machen in diesen Tagen vor Ostern mobil. Auch in Hamburg werden Aktivisten auf die Straße gehen und den Osterverkehr zusätzlich zu einem Geduldsspiel machen. Doch die Ereignisse von Fukushima und die zähe Atomdiskussion um die Energiewende in Deutschland befeuern die traditionellen Ostermärsche. Die Sonne tut ihr Übriges dazu, dass mutmaßlich Hunderttausende die Straßen bevölkern werden.

Die Friedensaktivisten haben sich den Abzug der deutschen Truppen aus Afghanistan und einen Stopp des Libyenkrieges auf die Fahnen geschrieben. Bundesweit sind nach Angaben des Netzwerks Friedenskooperative von Gründonnerstag bis Ostermontag rund 80 Veranstaltungen vorgesehen. Die größten Demonstrationen werden für den zweiten Osterfeiertag erwartet, da sich einen Tag später das Unglück von Tschernobyl zum 25. Mal jährt. „Anlass für uns, gemeinsam mit der Anti-AKW-Bewegung zu fordern: Atomkraftwerke abschalten – Atomwaffen verschrotten“, heißt es im Aufruf zum Ostermarsch Rhein-Ruhr. Weitere Aktionen sind unter anderem in München, Stuttgart, Frankfurt, Leipzig, Dortmund, Hannover und Hamburg geplant sowie an den Atomkraftwerken, darunter Biblis, Brunsbüttel, Grohnde, Krümmel, Neckarwestheim und Philippsburg. Auftakt der Proteste in Berlin ist am Sonnabend die Vattenfall-Zentrale. Von dort aus geht es zur Kundgebung am Brandenburger Tor. Auch am Zwischenlager Lubmin bei Greifswald und am geplanten Endlager Schacht Konrad in Salzgitter wollen Atomkraftgegner demonstrieren.

Entstanden ist die Ostermarsch-Bewegung in Großbritannien, wo sich am Karfreitag 1958 in London unter der Regie des britischen Philosophen Bertrand Russell erstmals 10.000 Menschen versammelten, um für die atomare Abrüstung zu demonstrieren. In Deutschland fand der erste Ostermarsch 1960 statt. Höhepunkte erlebte die Bewegung in den Zeiten der Anti-Atomkraft-Bewegung in den Siebzigern und Achtzigern, im Zusammenhang mit dem Vietnamkrieg und bei der Debatte über die Nato-Nachrüstung.

Mit Mahnwachen, Kundgebungen und Demonstrationen haben auch am Montagabend in Deutschland Zehntausende Menschen gegen die Nutzung der Atomkraft protestiert. In mehr als 400 Orten habe es Aktionen gegeben, sagte ein Sprecher der Organisation „Ausgestrahlt“. Die Demonstranten forderten die sofortige Abschaltung aller Atomkraftwerke und riefen zu einem Wechsel zu Öko-Stromanbietern auf.

In der Göttinger Fußgängerzone legten sich mehrere Hunderte Teilnehmer einer Kundgebung nach einem „Strahlenalarm“ für einige Minuten auf das Straßenpflaster. In Essen soll am Mittwoch die Aktionärsversammlung des Energiekonzern RWE blockiert werden, teilten Initiativen aus Nordrhein-Westfalen mit. (abendblatt.de/epd/dapd)