Das Mlliarden-Vermögen von Diktator Gaddafi wird eingefroren. Ob über Libyen eine Flugverbotszone eingerichtet wird, ist umstritten.

Brüssel. Nach den USA und den Vereinten Nationen hat auch die Europäische Union (EU) einen formellen Beschluss über Sanktionen gegen Libyen getroffen. Der Katalog an restriktiven Maßnahmen sehe Kontensperrungen, Reiseverbote sowie ein Waffenexportverbot vor, erklärten EU-Diplomaten in Brüssel. Die Vermögenswerte von Muammar al-Gaddafi, seinen Familienangehörigen sowie Regierungskonten in den EU-Ländern würden gesperrt. Auch Güter, die zur Unterdrückung der Bevölkerung eingesetzt werden könnten, dürfen demnächst nicht mehr nach Libyen geliefert werden. Sollte ein EU-Ministerrat die Sanktionen noch heute billigen, wären sie ab sofort in Kraft.

Unterdessen ist eine Gruppe libyscher Oppositioneller ist in die libysche Botschaft in Berlin eingedrungen. Sie warfen offenbar Bilder von Staatschef Gaddafi aus dem Gebäude, wovon beschädigte Bilderrahmen zeugten. Die von der diplomatischen Vertretung alarmierte Polizei führte sechs Personen ab. Ihnen werden nach Angaben eines Polizeisprechers Hausfriedensbruch und Sachbeschädigung vorgeworfen. „Gaddafi raus“ und „Keine Angst, wir töten Gaddafi“, riefen die Libyer auf Englisch, als sie zu den Polizeiautos gebracht wurden. Später versammelten sich etwa 20 Menschen vor der im Stadtviertel Dahlem gelegenen Botschaft, um Unterstützung für den Volksaufstand in ihrer Heimat zu demonstrieren.

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Die Polizei hat die Bewachung der libyschen Botschaft seit Beginn der Erhebung gegen Gaddafi nicht verstärkt. Der Schutz der diplomatischen Vertretung stehe in Berlin grundsätzlich auf hohem Niveau, sagte der Polizeisprecher zur Begründung.

Bei internationalen Vorgehen gegen Gaddafi wird die Forderung nach der Einrichtung einer Flugverbotszone immer lauter. Sie war vor einer Woche zunächst von abtrünnigen libyschen Diplomaten bei der Uno verlangt worden. Damit sollten Bombardements auf Oppositionelle und das Einfliegen von Söldnern aus anderen afrikanischen Ländern verhindert werden. Im Exil lebende Oppositionelle hatten auch davor gewarnt, dass Gaddafi vor seinem Sturz versuchen könne, Ölterminals an der Küste zu bombardieren, um die Infrastruktur des Landes zu zerstören.

Rechtlich gesehen ist die Errichtung von Flugverbotszonen von jeher umstritten, da sie einen direkten militärischen Eingriff in die Souveränität eines Landes bedeuten. Im Bosnien-Krieg beschloss der Uno-Sicherheitsrat im Oktober 1992 ein Flugverbot. Nachdem sich Serbien nicht daran hielt und Angriffe in Bosnien-Herzegowina flog, bekam die Nato durch die Uno-Resolution 816 vom März 1993 die Erlaubnis, das Flugverbot militärisch durchzusetzen. Nato-Maschinen schossen darauf mehrfach serbische Kampfjets ab.

Auch im Irak wurden Anfang der 90er-Jahre zwei Flugverbotszonen im Norden und Süden des Landes errichtet. Anlass waren Angriffe der irakischen Luftwaffe auf die kurdische und schiitische Zivilbevölkerung im Februar 1991, als eine internationale Koalition gegen Bagdads Truppen wegen des Einmarsches in Kuwait vorging.

Durchgesetzt wurde das Flugverbot von den USA, Großbritannien und Frankreich. Ein Uno-Mandat gab es nicht. Die Golfkriegsalliierten beriefen sich auf die Uno-Resolution 688 vom April 1991, die die Unterdrückung der Zivilbevölkerung verurteilte. Jahrelange Diskussionen gab es um eine Flugverbotszone über der sudanesischen Krisenprovinz Darfur. Ende 2006 wurde sie von den USA und Großbritannien wegen der wachsenden Gewalt und der vielen Opfer unter der Zivilbevölkerung erwogen. Militärexperten hielten dies auf einem Gebiet mitten in Afrika von der Größe Frankreichs aber nicht für durchsetzbar.

Auch bei Libyen wäre der Aufwand äußerst hoch: Das Land ist fünfmal so groß wie Deutschland, auch wenn der Großteil der Städte und Bevölkerung an der Küste zu finden sind. (rtr/AFP)