Harsche Worte gegen Libyens Diktator Gaddafi: Er leide unter Realitätsverlust. Wulff gibt sich kritisch gegenüber Studenten in Katar.

Doha. Bundespräsident Christian Wulff hat der arabischen Jugend seine Unterstützung zugesagt. Er wolle „alles dafür zu tun“, dass die jungen Leute in Nordafrika und im Nahen Osten „mehr Chancen“ erhielten für Ausbildungsplätze und demokratische Teilhabe, versicherte Wulff im Golfstaat Katar. Das deutsche Staatsoberhaupt äußerte erneut seine „große Sympathie“ für den Umwälzungsprozess in der arabischen Welt und den Einsatz der Aufständischen für Freiheit und Demokratie. Zur Lage in Libyen sagte Wulff: „Niemand kann einen Grund dafür benennen, Waffen gegen die eigene Bevölkerung einzusetzen.“ Der Diktator Muammar al-Gaddafi leide an „Realitätsverlust“. Er hoffe sehr, dass Gaddafi „in den nächsten Stunden oder Tagen“ das Land verlasse. Dann müsse wegen der Menschenrechtsverletzungen ein „Verfahren vor dem internationalen Gerichtshof“ folgen.

Zum Abschluss seines Besuches in Katar gab Wulff dem arabischen Kanal des Fernsehsenders al-Dschasira ein Interview, dessen Ausstrahlungstermin und Wortlaut zunächst nicht veröffentlicht wurden. Der Bundespräsident kündigte zuvor an, er werde für die Demokratie, das „Miteinander der Religionen und Kulturen“ und den „Minderheitenschutz“ etwa für Christen in den islamischen Ländern werben.

Der unabhängige Sender al-Dschasira habe bei den Aufständen in Tunesien, Ägypten und Libyen eine „sehr positive Rolle gespielt“, betonte Wulff in Doha. Er verglich die Bedeutung des TV-Kanals mit der herausragenden und zunächst verkannten Rolle des früheren sowjetischen Präsidenten Michail Gorbatschow für die Einheit Deutschlands und Europas.

Der Bundespräsident sprach zudem mit Studenten der Universität von Katar. Dabei äußerte er sich auch kritisch über die islamischen Gesellschaften. Manchmal habe er den Eindruck, dass dort „einzelnen Menschen mehr zugetraut werden könnte“ und „nicht alles von Allah abhängen“ sollte. Einer Burka tragenden Studentin trat Wulff mit den Worten entgegen: „Die bewusste Entscheidung, sich zu verschleiern, kollidiert mit dem Anspruch des Staates, Kinder zu bilden.“ Es gehöre zu einer offenen Gesellschaft, sein Gesicht zu zeigen. Verschleierte Frauen täten damit kund, dass sie die Gleichstellung von Mann und Frau nicht akzeptierten. „Wir wollen diese Gleichstellung nicht infrage gestellt sehen“, betonte Wulff.

Die Fragestellerin war mit dieser Antwort des Bundespräsidenten nicht zufrieden, wie sie anschließend sagte. Wulff beklagte auch die nach wie vor fehlenden Kenntnisse über den Islam in Deutschland. „Sie können sich darauf verlassen“, sagte er, dass Muslime in Deutschland willkommen seien.