Nach dem heftigen Polizeieinsatz bei den Protesten gegen Stuttgart 21 diskutiert der Bundestag nun über die Ereignisse.

Berlin. Nach dem heftigen Polizeieinsatz bei den Protesten gegen das Bahnprojekt “Stuttgart 21“ befasst sich auch der Bundestag mit den Ereignissen. Am Freitagmorgen kam auf Antrag der Linken der Innenausschuss zu einer Sondersitzung zusammen, um über die umstrittene Polizeiaktion zu beraten. Innenpolitiker von Linken und Grünen verurteilten das Vorgehen der Polizei gegen die Demonstranten anschließend. Der Ausschuss wird sich am Mittwoch erneut mit dem Thema befassen. Die Forderung aus der Opposition nach einer öffentlichen Parlamentsdebatte noch im Laufe des Tages scheiterte hingegen.

Am Donnerstag waren die zuvor friedlichen Proteste gegen das Bahnprojekt eskaliert. Bei Absperrungen für Baumfällarbeiten im Stuttgarter Schlossgarten setzte die Polizei gegen die Demonstranten Wasserwerfer und Pfefferspray ein, um deren Blockaden zu lösen. Die Demonstranten sprachen von mehreren Hundert Verletzten. Laut Deutschem Roten Kreuz wurden bis Freitagmorgen 114 Demonstranten ambulant behandelt, 16 wurden in Krankenhäuser gebracht.

Nach der knapp einstündigen Unterrichtung des Innenausschusses durch den zuständigen Staatssekretär Ole Schröder erhob der Grünen-Politiker Wolfgang Wieland schwere Vorwürfe gegen die baden-württembergische Landesregierung und die Polizei. Es sei die “Falschinformation“ eingeräumt worden, dass seitens der Demonstranten mit Pflastersteinen geworfen worden sei. “Es handelte sich ganz offenbar um Kastanien.“ Der Grünen-Politiker betonte: “Wenn man so etwas in die Welt setzt, dann will man anheizen. Dann will man eigenes zu hartes Vorgehen damit rechtfertigen.“ Auch habe man im Ausschuss erfahren, dass es bei dem Einsatz lediglich vier verletzte Bundespolizisten gegeben habe, drei durch Fremdverschulden, sagte er. Bei den Verletzungen handele es sich um Blutergüsse, also nicht um schwere Verletzungen.

Der Linke-Politiker Jan Korte sprach von einer politischen Bankrotterklärung des baden-württembergischen Regierungschefs Stefan Mappus (CDU). Es sei schlicht nicht hinnehmbar, dass gegen Rentner und Schüler mit solch einem Polizeiaufgebot vorgegangen werde. Die schwarz-gelbe Koalitionsmehrheit im Bundestag sei aber bislang “völlig unwillig“, darüber zu diskutieren, monierte er.

Der Vorsitzende des Innenausschusses, Wolfgang Bosbach (CDU), wies die Kritik zurück. Bundesregierung und Bundespolizei könnten nur “wenige Stunden nach den dramatischen Ereignissen von Stuttgart“ nicht in der Lage sein, das Gesamtgeschehen umfassend darzustellen. Voreilige Schuldzuweisungen dürfe es nicht geben. Alle müssten jetzt dazu beitragen, dass es nicht zu einer weiteren Eskalation komme. Bosbach hob zugleich hervor, dass die Bundespolizisten die baden-württembergischen Sicherheitskräfte unterstützt hätten und die Einsatzleitung nicht bei der Bundespolizei gelegen habe.