Witze, Karikaturen und scharfe Kritik: Bei Facebook und Twitter wird Bundespräsident Christian Wulff gnadenlos an den Pranger gestellt.

Hamburg. Gefälschte Werbungen, Gruppen auf Facebook mit spöttischen Kommentaren und Internetseiten mit satirischem Inhalt: Während viele Medien die Diskussion um den Verbleib von Christian Wulff im Amt des Bundespräsidenten noch größtenteils auf sachlicher Ebene führen, wird im Internet wesentlich schonungsloser mit Wulff umgegangen.

Die Facebook-Gruppe "Christian Wulff: Rücktritt jetzt“ hat bereits 3496 Unterstützer, die Seite "Wulff hat angerufen“ sammelt auf der Pinnwand Hunderte kritischer Kommentare und Verlinkungen auf satirische Internetseiten. Andere Benutzer des sozialen Netzwerks nutzen das persönliche Profil des Bundespräsidenten, um ihm die Meinung zu sagen: Mehr als 5000-mal wurde sein letzter Eintrag zur Weihnachtsansprache kommentiert und der in Ungnade gefallene Politiker zum Rücktritt aufgefordert.

Die satirische Online-Zeitung "Der Postillion" legt noch einen drauf und witzelt: "Wulff spricht 82 Millionen Deutschen auf die Mailbox, um Gerede zu unterbinden". Das Satire-Magazin "Titanic“ meldete in seiner Online-Ausgabe neben einem Foto von Wulff: "Dieser Milchbubi ist der Bild-Erpresser!“

Auch eine verfälschte Werbung des Autovermieters SIXT kursiert in sozialen Netzwerken. "Spontaner Umzug? SIXT liefert an jede Adresse" prangt vor einem Bild des Schlosses Bellvue. SIXT ist bekannt für seine Anzeigen, in denen bereits mehrmals Fehltritte von Politikern als Marketing-Instrument genutzt wurden. Aufmerksamkeit erregen zudem die beiden Seiten "istchristianwulffnochimamt.de" und "bundespraesident-gesucht.de", die bereits von vielen tausend Twitter- und Facebook-Nutzern weiterempfohlen wurden. Auf der zweiten Seite können Nachfolger für das Amt des Bundespräsidenten vorgeschlagen werden. Darunter sind Namen wie Fußballtrainer Lothar Matthäus oder Satiriker Martin Sonneborn.

Angelehnt an die bereits seit längerem bestehende Seite "kim jong il looking at things" , auf der eine Foto-Strecke des gerade verstorbenen Diktators zu sehen ist, gibt es mittlerweile "Christian Wulff looking at things" , die jedoch noch etwas charmanter aufgemacht wurde als die des Vorbilds.

Beim Kurzmeldungsdienst Twitter bezogen sich am Dienstag gleich mehrere der deutschsprachigen Top-Begriffe (trending topics) auf den Bundespräsidenten. Unter dem Schlagwort (Hashtag) #wulfffilme dachten sich viele Nutzer spöttische Filmtitel aus – etwa "Wulff Street: Geld schläft nicht“, "Liebling, ich habe die Würde des Amtes geschrumpft“, "Jeder weiß, was du letzten Sommer getan hast“ oder "Christian Wulff und die Pressekammer des Schreckens“. Manche fanden auch die wahren Titel von Filmen passend – wie "Freunde mit gewissen Vorzügen“ oder "Nicht auflegen“, in Anspielung auf Wulffs Mailbox-Spruch.

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Der Westdeutsche Rundfunk (WDR) engagierte eigens einen Stimmenimitator und stellte Wulffs Monolog auf dem Anrufbeantworter von "Bild"-Chef Kai Diekmann nach. Mehrmals ruft der falsche Wulff in der Satire bei Diekmann an, probt immer wieder seine Wutrede: "Für meine Frau und mich ist der Rubikon aber sowas von überschritten.“ Das Tondokument wurde allein bei der Musik-Plattform SoundCloud bis zum Dienstagnachmittag mehr als 100.000-mal angehört.

Mit Material von dpa