Politiker von SPD und Grünen halten den Verteidigungsminister in diesem Fall nicht mehr für tragbar. Der äußert sich erst einmal nicht.

Berlin. Nach der Anhörung des früheren Generalinspekteurs Wolfgang Schneiderhan im Kundus-Untersuchungsausschuss setzt die Opposition Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) unter Druck. Grünen-Verteidigungsexperte Omid Nouripour sagte am Freitag, Guttenberg müsse zurücktreten, sollte er „der Lüge überführt“ werden. Die Bundesanwaltschaft eröffnete wegen des Luftangriffs ein Verfahren gegen Bundeswehr-Offiziere.

Guttenberg hatte Schneiderhan und den damaligen Verteidigungs-Staatssekretär Peter Wichert im vergangenen November mit der Begründung entlassen, sie hätten ihm wichtige Informationen zu dem Angriff bei Kundus am 4. September vorenthalten. Bei dem Angriff auf Befehl der Bundeswehr im Norden Afghanistans waren nach NATO-Angaben bis zu 142 Menschen getötet worden, darunter auch Zivilisten. Wichert und Schneiderhahn sagten am Donnerstag im Kundus-Untersuchungsausschuss aus. Letzter wies den Vorwurf zurück, er habe nur unzureichende Informationen über den umstrittenen Luftangriff weitergegeben.

Rainer Arnold, SPD-Obmann in dem Ausschuss, bezeichnete im rbb-Inforadio beide Zeugen als glaubwürdig. Guttenberg habe versucht, seine Fehleinschätzung des Luftangriffs zu kaschieren, indem er die Verantwortung Schneiderhahn und Wichert in die Schuhe geschoben habe. „Der Minister muss jetzt im Detail begründen, welche neuen Erkenntnisse er aus den angeblich zunächst vorenthaltenen Akten gewonnen hat.“ Nouripour sagte im ARD-Morgenmagazin, ob Guttenberg in Bezug auf seine Kenntnisse über den Luftangriff tatsächlich gelogen habe, könne er noch nicht sagen. Er sei im Ausschuss aber belastet worden, und es sei noch einiges „ungereimt“.

Der Parlamentarische Geschäftsführer der SPD-Fraktion im Bundestag, Thomas Oppermann, sagte der „Berliner Zeitung“, sollte Guttenberg im Zusammenhang mit einer zentralen Führungsentscheidung gelogen haben, „ist er als Verteidigungsminister nicht mehr tragbar“. Ähnlich äußerten sich Vertreter der anderen Oppositionsparteien: Für Guttenberg gehe es jetzt um die Frage seiner politischen Zukunft, erklärte die Grünen-Fraktionsvorsitzende Renate Künast. Der Vertreter der Linken im Untersuchungsausschuss, Jan van Aken, erklärte, Guttenberg opfere kaltschnäuzig seine Mitarbeiter und verbreite Unwahrheiten. Der verteidigungspolitische Sprecher der Unionsfraktion, Ernst-Reinhard Beck, wies die Rücktrittsforderungen dagegen zurück.

Das Verteidigungsministerium kündigte derweil an, Guttenberg werde sich am 22. April in aller Ausführlichkeit vor dem Ausschuss äußern. „Dann werden sich viele Dinge ja vielleicht aufklären“, sagte ein Sprecher in Berlin.

SPD und Grüne wollen jetzt außerdem auch Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) befragen. Das berichtet der "Kölner Express" (Samstagsausgabe).

"Ich möchte von ihr wissen, was sie wann gewusst hat", sagte Nouripur der Zeitung.

Die Bundesanwaltschaft in Karlsruhe nahm wegen des Luftangriffs Ermittlungen wegen Verstoßes gegen das Völkerstrafgesetzbuch auf. Diese richten sich laut Medienberichten gegen den Oberst Georg Klein, der den Angriff seinerzeit befahl, und seinen Flugleitoffizier. Ob Anklage erhoben wird, ist noch offen. Das Verteidigungsministerium plant bislang kein Disziplinarverfahren gegen Klein, wie die „Stuttgarter Nachrichten“ (Samstagausgabe) unter Berufung auf einen Ministeriumssprecher berichteten.