Eine Woche nach dem Luftangriff auf Tanklaster in Afghanistan stellt sich die Bundeswehrführung vor den verantwortlichen Oberst.

Berlin. Der ranghöchste Soldat der Bundeswehr, Generalinspekteur Wolfgang Schneiderhan, hat den für die Bombardierung zweier Tanklastwagen in Afghanistan verantwortlichen Oberst Georg Klein in Schutz genommen. Er gehe davon aus, dass der Entschluss, zwei von den Taliban entführte Tank-Lkw mit Kampfflugzeugen anzugreifen, wohl überlegt gewesen sein, sagte Schneiderhan der „Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung“ (FAS). Üblich sei eine sorgfältige Beurteilung der Gesamtlage. erartige Entscheidungen würden in der Absicht getroffen, "erheblichen Gefahren für die eigenen und verbündeten sowie für die afghanischen Sicherheitskräfte zuvorzukommen“, sagte Schneiderhan.

Der Generalinspekteur der Bundeswehr äußerte sich damit zum ersten Mal zu dem tödlichen Vorfall vor gut einer Woche. Er habe sich bereits im Frühjahr in Afghanistan mit Klein, der Kommandeur des zivil-militärischen Wiederaufbauteams in Kundus ist, und dessen Soldaten ausführlich über die Gefahren des Einsatzes unterhalten, fügte Schneiderhan hinzu. „Die Professionalität, mit der unsere Soldaten und Soldatinnen gerade unter ständiger Bedrohung und in ungewisser Lage handeln, hat mich beeindruckt.“

Eine vom afghanischen Präsidenten Hamid Karsai eingesetzte Untersuchungskommission wollte zunächst an diesem Sonnabend ihren Bericht in Kabul übergeben. Nach Informationen der Deutschen Presse- Agentur dpa wurde das Treffen der Delegation mit Karsai jedoch auf Sonntag verschoben. Bei dem Luftangriff auf die zwei Tanklaster bei Kundus seien auch Zivilisten getötet worden, heißt es laut ARD in dem Bericht. Eine Zahl der Opfer werde allerdings nach wie vor nicht genannt. Als entlastend für die Bundeswehr sei dargestellt worden, dass die Fahrzeuge in einem Fluss und nicht in einem Dorf bombardiert wurden.

Der Vorsitzende der SPD-Bundestagsfraktion und frühere Minister für Verteidigung, Peter Struck, bezeichnete den Vorfall als gravierend. „Es muss geklärt werden, ob der Kommandeur sich richtig verhalten hat“, sagte er der „Celleschen Zeitung“ . Der frühere Minister betonte aber zugleich, Oberst Klein, den er persönlich kenne, sei „kein leichtfertiger Offizier“. Struck hielt zugleich am Afghanistan-Einsatz der Bundeswehr fest: „Wir müssen dort präsent sein, vor allem für unsere eigene Sicherheit. Man muss aber auch wissen, dass es sich um einen Kampfeinsatz handelt. Es können Menschen sterben, es können Soldaten sterben. Von einem Kriegseinsatz aber würde ich nicht sprechen.“

Entwicklungsministerin Heidemarie Wieczorek-Zeul (SPD) befürchtet, dass die Arbeit der Entwicklungshelfer jetzt „noch schwieriger“ wird. Zugleich drängte sie im Magazin „Der Spiegel“ darauf, dass die Afghanen möglichst bis 2015 „die volle Verantwortung für die Sicherheit der Bevölkerung übernehmen sollen“. Erst dann könnten Truppen abziehen. Der zivile Aufbau werde länger dauern.

Der Afghanistan-Experte der Grünen-Bundestagsfraktion, Winfried Nachtwei, äußerte Verständnis für Oberst Klein. Zwar sei das Bombardement „ein eindeutiger Kriegsakt“ gewesen und die Wirkung fast „durchweg kontraproduktiv“, sagte er dem „Kölner Stadt-Anzeiger“ . Er könne sich das Bombardement aber „am ehesten erklären durch die Entwicklung der Gesamtlage in den letzten Monaten – jeden Tag Hinterhalte, jeden Tag Gefechte. Aus der Sicht kann so was plausibel werden.“