MAHNUNG: US-Präsident Bush ruft im Bundestag dazu auf, den Feinden der Freiheit entschlossen zu begegnen.

Berlin. US-Präsident George W. Bush hat seinen ersten Deutschlandbesuch für einen energischen Appell zur Fortsetzung des Kampfes gegen den Terror genutzt. Die Menschheit stehe nach dem 11. September vor einer "riesigen, aggressiven Kraft, die den Menschen Tod bringt", sagte Bush gestern in einer Rede vor dem Bundestag. Dabei kündigte er eine neue Partnerschaft zwischen den USA, Russland und Europa an. Zugleich hob der Präsident die gewachsene Rolle Deutschlands durch die Wiedervereinigung hervor: "Das starke Deutschland, das Sie aufgebaut haben, ist gut für die Welt." Im nahezu voll besetzten Reichstag mahnte Bush, es müsse alles getan werden, um eine sicherere und bessere Welt zu schaffen. Den Feinden der Freiheit müsse "eine starke Abfuhr" erteilt werden. Der US-Präsident bedankte sich für die deutsche Beteiligung an der internationalen Koalition gegen den Terrorismus und für das Bundeswehr-Engagement in Afghanistan. Deutschland habe bereits eine erhebliche Last auf sich genommen. Breiten Raum nahmen neben dem Kampf gegen den Terrorismus die Beziehungen Washingtons zu Moskau ein, wohin Bush unmittelbar nach seiner Rede weiterreiste. Im Kreml soll heute eine Vereinbarung über die Reduzierung der strategischen Atomraketen um rund zwei Drittel unterzeichnet werden. Der US-Präsident lobte den Beitrag Russlands im Kampf gegen den Terror. Russland habe nun seit 1917 die beste Gelegenheit, Teil der europäischen Familie zu werden. Bush würdigte auch die NATO-Ost-Erweiterung und setzte sich dafür ein, dass Russland in die neue Sicherheitsarchitektur eingebunden wird. Amerika und Europa müssten "all ihre Verdächtigungen" gegen Russland beiseite lassen. Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) wertete anschließend die Ausführungen Bushs als "herausragendes Ereignis". Was die Ankündigung einer neuen Partnerschaft zwischen Amerika und Russland angehe, sei die Rede sogar "historisch" zu nennen, sagte Schröder. CDU-Chefin Angela Merkel und Unions-Kanzlerkandidat Edmund Stoiber sprachen von einer "sehr eindrucksvollen Rede". Aus Protest gegen die US-Politik hatte bei der Ansprache von Bush eine Gruppe von PDS-Abgeordneten ein Protest-Transparent entrollt und der Grünen-Parlamentarier Hans-Christian Ströbele den Plenarsaal verlassen. Während PDS-Fraktionschef Roland Claus sich später bei Bush für das Verhalten seiner Parteigenossen entschuldigte, verteidigte Ströbele gegenüber dem Abendblatt sein Verhalten: "Jemand, der einen Krieg nach dem anderen führt und den nächsten ankündigt und sich in jeder Weise gegen die Umwelt versündigt, dem kann ich doch nicht zujubeln im Deutschen Bundestag." Vor seiner Rede hatte Bush sich zu einem zweistündigen Gespräch mit Schröder im Kanzleramt getroffen. Auf einer anschließenden Pressekonferenz machte er deutlich, dass er sich für ein Vorgehen gegen Irak alle Optionen offen halte. Er versicherte aber, dass die USA "derzeit keine Kriegspläne auf dem Tisch haben". Schröder schloss eine Beteiligung an einem möglichen Militärschlag gegen Irak nicht ausdrücklich aus. Eine Entscheidung darüber stehe aber nicht an.