Union streitet mit Leutheusser-Schnarrenberger um Anti-Terror-Gesetze. Der Ministerin sind drei Geheimdienste zu viel.

Berlin. Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) fordert die Auflösung des Militärgeheimdienstes MAD. „Die Verteilung der nachrichtendienstlichen Tätigkeit des Bundes auf drei verschiedene Dienste führt zu überflüssigen Doppelstrukturen, darauf beruhender Intransparenz und zu der Gefahr doppelter Grundrechtseingriffe“, kritisiert sie in ihrer Stellungnahme zur Bewertung der Anti-Terror-Gesetze, die der Agentur Reuters vorlag. Zugleich lehnt sie bei sechs von zehn zentralen Auskunftsbefugnissen die von der Union geforderte Verlängerung strikt ab. Bei den übrigen vier will sie die Hürden erhöhen. Die Koalition streitet seit Monaten über die Verlängerung der Anti-Terror-Gesetze, die nach den Anschlägen vom 11. September 2001 erlassen worden waren und ohne neuen Beschluss im Januar 2012 auslaufen.

Die drei Geheimdienste Verfassungsschutz, Bundesnachrichtendienst und Militärischer Abschirmdienst erhalten damit weitreichende Befugnisse etwa zur Abfrage von Konten- und Flugpassagierdaten. Bei einem Treffen am Dienstagabend erzielten Leutheusser-Schnarrenberger und Innenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) nach Angaben aus Teilnehmerkreisen keine Annäherung. Die Justizministerin habe ein Gesamtkonzept zur Korrektur der Gesetze präsentiert, das bei der Union jedoch auf erbitterten Widerstand gestoßen sei, hieß es.

Die Ministerin will unter anderem die Konten- und Flugdatenabfrage durch die Dienste nicht länger zulassen und äußert sich in der Stellungnahme über eine fortschreitende „Angleichung und Vermischung“ der Befugnisse von Polizei und Nachrichtendiensten besorgt. Außerdem fordert sie grundsätzlich mehr Transparenz – sowohl in der Arbeit der Geheimdienste als auch in der bisher für Laien eher unverständlichen Formulierung der zugehörigen Gesetzestexte. Um die Kontrolle des Bundestags über die Dienste zu verbessern, plädiert die FDP-Politikerin für eine Stärkung des Parlamentarischen Kontrollgremiums.

Die Geheimdienste hätten mit dem Gesetzespaket so weitreichende Befugnisse zur Abfrage von Bewegungs-, Kommunikations- und Finanzdaten erhalten, dass die Gefahr einer Profilbildung bestehe, bemängelt Leutheusser-Schnarrenberger in der Stellungnahme ihres Ministeriums. Dies berge schwerwiegende Risiken für die persönlichen Freiheitsrechte des einzelnen Bürgers. Bedenklich sei auch, dass die Befugnisse ständig weiter ins Vorfeld von möglichen Straftaten und konkreten Gefahren verlagert worden seien.

Die Ministerin fordert daher die Einrichtung einer unabhängigen Regierungskommission, die die Entwicklung der Sicherheitsgesetze überprüfen und bis Jahresende erste Empfehlungen vorlegen soll. „Die Ergebnisse dienen als Grundlage eines Gesamtkonzepts, wie neben den berechtigten Sicherheitsinteressen des Staates auch den Grundrechten Betroffener besser Rechnung getragen werden kann“, heißt es in der Stellungnahme.

Leutheusser-Schnarrenberger nennt außerdem Bedingungen für die erneute Verlängerung einiger Maßnahmen: Sie sollen höchstens auf vier Jahre befristet und präziser definiert werden. An der Bewertung der Gesetze müssen sich nach Ansicht der Ministerin externe Sachverständige, der Innenausschuss des Bundestags und das Parlamentarische Kontrollgremium beteiligen. Eine erste Zwischenbilanz soll nach zwei Jahren gezogen werden.